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Fügung und Taktik
Im Laufe des Lebens nimmt das
Glück zu. Das liegt hauptsächlich daran,
dass junge Menschen nach vorne
blicken und sich dabei fragen, was sie
noch nicht erreicht haben und was sie
noch besser machen können. Natürlich
ist das auch wichtig, um weiterzukommen.
Alte Menschen hingegen
blicken auf ihr Leben zurück – und
sind meist auch zufriedener mit dem
Jetzt-Zustand. Da unser Gehirn so
angelegt ist, dass wir uns mehr an
positive Dinge erinnern, werden wir
auch von der ganzen Sichtweise her
positiver. Die Forschung hat gezeigt:
Wenn wir optimistisch an Aufgaben
herangehen, dann haben wir tatsächlich
eine 37 Prozent größere Gehirnleistung.
Allerdings ist es so, dass wir
evolutionsbiologisch und historisch
gesehen von einem katastrophischen
Gehirn ausgehen. Das heißt, unser
Gehirn ist ursprünglich auf negativ
programmiert. Es kann ja gut sein,
dass ein Säbelzahntiger an der nächsten
Ecke lauert. Eine natürliche Angst
macht uns umsichtiger – und gleichzeitig
auch pessimistischer. Doch das
sollte uns nicht negativ stimmen:
Beate Hoerkens, Leserin
Sven Voelpel,
Altersforscher und
Professor für
Betriebswirtschaft,
Jacobs University
Bremen
Wann, wenn nicht jetzt
Es sind vermutlich die Wenigsten,
die in die neue Lebensphase hineinstolpern
oder sich kaum von ihrer
Arbeit trennen, in der sie bis dahin
aufgegangen sind. Wir Anderen, vielleicht
die Mehrheit, schätzten unsere
Arbeit, allerdings in der Hoffnung,
eines Tages auch unsere nicht gelebten
Seiten zu erkunden. In meinem
Fall war es die künstlerische Fotografie.
Es ist etwas mühsam, sich
selbst einen Weg zu bahnen, wenn
eine klassische Ausbildung wie in
jungen Jahren nicht mehr zur Debatte
steht. Aber die Erfahrung sagte
mir: Zuerst geht es ganz praktisch
um das Erlernen des Handwerks. Ich
suchte und fand im Internet meine
erste Mentorin, die mich bis heute
begleitet. Nicht zuletzt braucht es die
eigene Lust am Lernen, die sich am
besten von der Leidenschaft nährt,
viel Geduld und eine gewisse Unbeirrbarkeit.
Das Ergebnis sind meine
Bücher und Bilderserien, eine Website,
eine eigene Edition – alles andere
als gute Einnahmequellen, aber
genau das, was ich machen wollte.
Im Grunde ist es nicht entscheidend,
woran man sein Herz hängt. Aber es
ist wichtig, beizeiten herauszufinden,
was es wohl sein könnte, wenn man
es nicht schon weiß. Denn es macht
froh, oft glücklich, so ein Leben „nach
seiner Façon“ und mit eigenen Zielen
in größtmöglicher Freiheit.
Viele Studien haben gezeigt, dass
man sein Gehirn systematisch umprogrammieren
kann, indem man
versucht, viermal mehr Positives wie
Negatives zu sehen. Mit dieser Taktik
wird man in allen Lebensbereichen
deutlich produktiver. Und das drückt
sich auch im Beruflichen aus: Wenn
beispielsweise Führungskräfte eine
positive Einstellung zum Thema Altern
haben, dann steigt die Produktivität
der älteren Mitarbeiter.
GUT VORGESORGT? Diese Finanzmittel glauben wir im Alter zu haben
Staatliche Rente/Pensionen
Erspartes und Geldanlagen
Selbst genutzte Immobilie
Private Rentenversicherung,
Lebensversicherung
Betriebliche Altersvorsorge
Riesterrente
Vermögen aus Erbschaft
Vermietete Immobilie,
Pachteinnahmen
Dorothee Döring,
Lebensberaterin
und Autorin
Mentale Frischekur
10%
14%
Umfrage unter mehr als 4.000 Personen zwischen 20 und 65 Jahren, Oktober-November 2019
Clarissa Engels,
Aufbaustab
Bundesfreiwilligendienst,
Bundesanstalt
Technisches Hilfswerk
(THW)
Im Ruhestand und
noch etwas vor?
Mit dem Thema „drittes Lebensalter“
habe ich mich vor ein paar Jahren aus
eigener Betroffenheit intensiv auseinandergesetzt.
Meiner Beobachtung
nach sehnen die meisten Menschen
zunächst den Ruhestand herbei, stolpern
aber meist unvorbereitet in den
21%
Manfred Olbrisch, Leser
Mitten im Leben
Für meinen Ruhestand gibt es nur
einen einzigen Wunsch: das gemeinsame
Leben mit meiner Partnerin
und unserer Familie liebevoll weiterzuführen.
Dieses Gefühl, angekommen
zu sein, bedeutet mir sehr viel.
Mit ihnen möchte ich weitergehen,
bis unser Weg endet. Dazu habe ich
28%
26%
33%
40%
DIES IST EINE GESPONSERTE ANTWORT, ALSO EINE ANZEIGE
Wer im Ruhestand was erleben und
Erfahrungen mit anderen teilen
möchte, findet im Bundesfreiwilligendienst
beim Technischen Hilfswerk
(THW) immer etwas Passendes.
In der ehrenamtlich getragenen Einsatzorganisation
des Bundes kann
man rund ein Jahr lang Gutes für
die Gesellschaft tun und die eigenen
Stärken einbringen. Egal ob Vollzeit
oder Teilzeit, die Möglichkeiten zum
Engagement sind vielfältig: Wer einen
Bundesfreiwilligendienst macht,
unterstützt die ehrenamtlichen Einsatzkräfte
und Mitarbeitenden des
THW bei Aufgaben und Projekten
70%
Quelle: Deutsche Bank
rund um den Bevölkerungsschutz –
zum Beispiel mit zwischenmenschlichem
Schwerpunkt oder in den
Bereichen Technik und Verwaltung.
Besonders interessant ist das THW
für Beamtinnen und Beamte des
Bundeseisenbahnvermögens und in
den Postnachfolgeunternehmen, die
das Angebot des „Engagierten Ruhestands“
wahrnehmen möchten. Der
ehemalige Postbeamte Frank Reusch
hat in seinem Ruhestand das Abenteuer
THW gewagt und mir erzählt:
„Meine Erfahrung, die ich in meinem
Berufsleben sammeln konnte, kann
ich hier eins zu eins umsetzen. Die
Gemeinschaft im THW ist kollegial,
freundschaftlich und sehr offen. Man
ist von der ersten Sekunde an direkt
Mitglied.“ Neben dem Bundesfreiwilligendienst
sind Menschen jeden Alters
natürlich jederzeit willkommen,
ein ehrenamtliches Engagement in
einem der 668 THW-Ortsverbände
aufzunehmen. Der Einstieg ist leicht:
Interessierte können einfach das
THW in ihrer Nähe kontaktieren.
neuen Lebensabschnitt, statt ihn im
Voraus zu planen. In der ersten Orientierungsphase,
die sich noch wie
eine Urlaubsverlängerung anfühlt,
fallen diejenigen, für die der Beruf der
Lebensinhalt war, in ein tiefes Loch.
Damit das nicht passiert, ist die Einstellung
wichtig, mit der ein jeder seinen
neuen Status „Rentner“ betrachtet.
Wer sich guter Gesundheit erfreut
und mental von heiterer Gelassenheit
unterstützt wird, sucht sich neue Ziele,
die er zum neuen Lebensinhalt
machen möchte. Einer entdeckt dabei
vielleicht die Gartenarbeit als Leidenschaft,
ein anderer etwas, das gemein-
nur einen einzigen Plan: mit der Zeit
gehen. Internet, Smartphone und Digitalisierung
sind feste Bestandteile
unseres Alltags. Wer damit nicht umgehen
kann oder sich verweigert, ist
abgehängt vom Leben. Das möchte
ich nicht für mich. Die zukünftigen
Entwicklungen in den Bereichen IT
und Biotech werde ich genauso nutzen
wie Jüngere und vielleicht werde
ich eines Tages mit einem durch
KI-Algorithmen gesteuerten Roboter
nicht nur eine Partie Schach spielen,
sondern auch ein unterhaltsames
Gespräch über die Probleme bei der
Pflege meiner Gebissprothese führen
– wer weiß.
Paul-Gerhardt Voget,
Leser
Zweite Berufung
Acht Mädchen und Jungen der ersten
und zweiten Klasse sitzen vor mir. Auf
meiner linken Hand sitzt Jakob, ein
Rabe, auf der rechten Ophelia, eine
Störchin. Sie moderieren eine Vorlesezeit.
Ihre Namen habe ich Michael
Ende entliehen. Jakob ist frech, vorlaut
und durchaus spitzfindig, Ophelia
gibt sich ruhig, weise, hat stets ein
kleines Gedicht parat, das die Kinder
dann „mitnehmen“ können. Die beiden
wohnen übrigens in einem über
hundert Jahre alten, rot ausgeschlagenen
Bandoneonkoffer – und sind
inzwischen unverzichtbar für mich.
Seit September letzten Jahres habe ich
Zeit, lese für und mit Kindern in einer
Kita und einem Hort einer Grundschule.
Mein Ziel: Freude an Geschichten,
an Büchern zu wecken oder wachzuhalten.
Fantasie, Fragen, kurz: eigenes
Denken zu begleiten. In einem nächsten
Schritt werde ich an einer Grundschule
einen Philosophiekurs starten.
Ein entsprechendes Schreiben ist unterwegs.
Nach 40 Berufsjahren mache
ich vieles, was man eben so macht im
Ruhestand. Zusätzlich habe ich eine
großartige Möglichkeit gefunden und
ergriffen, auf Kinder zu hören, mit
ihren Fragen und Kommentaren meinen
Horizont zu erweitern. Mit diesen
Kindern, mit Ophelia, Jakob und vielen
wunderbaren Büchern erlebe ich
kleine, neue Glücksmomente.
sam mit anderen ausgeübt werden
kann, zum Beispiel Musizieren oder
Sport. Manche engagieren sich ehrenamtlich
in Vereinen, wo sie nette
Gleichgesinnte und damit Freunde
und Zugehörigkeit finden, und beugen
damit der Vereinsamung vor.
Viele Verwitwete oder Geschiedene,
die während ihrer Berufsphase keine
Probleme mit dem Alleinsein hatten,
versuchen, ein „spätes Glück“ über
Dating-Portale im Internet zu finden.
Für einen guten Start in den Ruhestand
ist es wichtig, sich nicht treiben
zu lassen, sondern Ziele zu verfolgen,
die Lebensfreude vermitteln.