+3 Magazin Juni 2020 | Page 16
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WIR FRAGEN:
WIE STARTET MAN IN
DEN RUHESTAND?
... und was ist
Ihre Meinung?
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Seit 2019 gibt es in Karlsruhe die erste Seniorenresidenz
für Elefanten: Die älteste Bewohnerin
heißt Nanda und ist 52. Quelle: Stuttgarter Nachrichten
© DYNE/dyneart.de
Leben total
Franz Müntefering,
Vorsitzender Bundesarbeitsgemeinschaft
der
Senioren-Organisationen
(BAGSO)
Ein Start in den Ruhestand wäre ein
Paradoxon. Mit dem Industriezeitalter
wurde für Männer der Beruf
das eigentliche Leben – mit Schule
als Vorbereitung und Rentnerzeit
als Stillstand mit Abgesang. Frauen
waren ohne Ruhestand, sie hatten
zu tun. Da verändert sich gerade
was. Der „Ruhestand“ wird bald vom
Viertel zum Drittel der Lebenszeit,
also noch wichtiger. Erste Frage:
Was sagt das Grundgesetz? Rechte
und Pflichten altern nicht. Wenn der
Kopf klar ist, bist du mitverantwortlich,
nicht nur für dich selbst. Selbstbestimmung
und Mitverantwortung
sind Zwillinge. Zweite Frage: Was ist
mit der sozialen Sicherheit? Das klärt
sich überwiegend in den Jahrzehnten
zuvor, an gerechten Löhnen und am
Wohlstand des Landes auch morgen.
Dritte Frage: Was machen mit
dem Älterwerden? Die ballistische
Lebenskurve ist beeinflussbar, wenn
man will. Es ist klüger, man will. Und
für dieses Handeln bieten sich die
drei L an: Laufen, Lernen Lachen.
Sich bewegen ernährt das Gehirn,
also Körper und Geist. Neugierig
bleiben ebenfalls, Kontakte halten,
sich engagieren. Und Lachen ist Liebe
zum Leben, echt gesund. Ach so,
der Start: fällt aus. Der Wagen rollt
schon. Die Uhr tickt weiter, solange
sie tickt. Man sollte sich nicht zu lange
im Rückspiegel spiegeln, die Aussicht
rundum ist schön, die Kurven
sind eng und die Chancen sind vorne.
Das Resümee: „Ruhestand“ ist Leben
total, was sonst. Das Leben ist ein
Ganzes.
Volker Schmidtke,
Referent
Finanzdienstleistungen,
Verbraucherzentrale
Berlin
Gestreutes Risiko
Wenn man noch ein oder mehrere
Jahrzehnte Zeit hat bis zum Rentenbeginn,
macht es Sinn, einen Teil
der Altersvorsorge mit Aktienfonds
aufzubauen. Kostengünstige Fonds
sind die sogenannten ETFs. Je jünger
man ist, desto größer kann der Aktienanteil
an der Altersvorsorge sein.
Spart man über 30 Jahre regelmäßig
in einen Aktienfonds, hat man auf
die Gesamtlaufzeit de facto kein Verlustrisiko.
Man sollte sich aber vorher
klarmachen, was Investieren in Aktien
bedeutet. Zum Beispiel, dass auch ein
über Fonds sehr breit gestreutes Aktienportfolio
vorübergehend die Hälfte
oder mehr seines Wertes verlieren
kann. Und man sollte in sich hineinhorchen,
ob man das ohne schlaflose
Nächte durchsteht. Wenn man über
die gesetzliche Rente hinaus gerne einen
größeren nicht schwankenden Anteil
der Altersvorsorge möchte, sollte
man über staatliche Förderung nachdenken.
Für Angestellte ist als Baustein
oft eine betriebliche Altersvorsorge
empfehlenswert, für viele Eltern
ein guter Riester-Vertrag. Riester kann
auch Sinn machen, wenn man jetzt gut
verdient, im Alter aber eher wenig zu
erwarten hat und wenig Steuern zahlen
wird. Das Ansparen in ETFs ist jetzt
und im Alter sehr flexibel, die Renditechancen
sind hoch, genauso wie die
Wertschwankungen unterwegs. Die
staatlich geförderten Bausteine haben
meist wenig Rendite, profitieren aber
von der Förderung und haben wenig
oder keine Schwankungen. Mit beidem
zusammen ergibt sich für viele
eine sinnvolle Altersvorsorge.