+3 Magazin Juni 2019 | Page 8

+2 8 WAS IST DIE ZUKUNFT DER LANDWIRTSCHAFT? WIR FRAGEN: ... und was ist Ihre Meinung? www.plus-drei.de [email protected] Nur neun Prozent der rund 280.000 deutschen Landwirtschaftsbetriebe werden von Frauen geführt. Quelle: Deutscher Bauernverband Joachim Rukwied, Präsident Deutscher Bauernverband (DBV) Wandel mit Verlass Ohne Veränderung geht es nicht – das wissen auch wir Landwirte. In einer Gesellschaft, die immer mehr Umwelt- und Klimaschutz einfordert, muss auch die Landwirtschaft ihre Verant- wortung übernehmen. Deshalb hat der Deutsche Bauernverband eine eigene Klimastrategie entwickelt, in der wir uns selbst Emissionsreduktionsziele setzen, und mit unserer Ackerbaustra- tegie wollen wir den Einsatz von Dünger und Pflanzenschutzmitteln noch weiter reduzieren. Denn auch wir brauchen sauberes Grundwasser und Artenvielfalt. Wir übernehmen unseren Teil der Verantwortung: Im © iStock./pixdeluxe vergangenen Jahr haben die deutschen Bauern etwa über 230.000 Kilometer Blühstreifen als Nahrung und Le- bensraum für Insekten angelegt – ein Band, das fast sechs Mal um die Erde reicht. Schon jetzt werden von Bauern etwa 1,4 Millionen Hektar ökologische Vorrangflächen geschaffen, was in etwa der Fläche Schleswig-Holsteins entspricht. Trotzdem kann die Land- wirtschaft noch mehr machen. Doch bei allem Wunsch nach Veränderung ist es entscheidend, dass die Balance zwischen Ökologie und Ökonomie er- halten bleibt. Veränderungen hängen immer unmittelbar an den Investiti- onen der Bauern und diese müssen auch in den Bilanzen darstellbar sein. Deshalb sagen wir: Wandel braucht Verlässlichkeit – sowohl bei den poli- tischen Rahmenbedingungen als auch an der Ladentheke. Wir Bauern sind bereit, die Zukunft der Landwirtschaft umwelt- und klimafreundlich zu ge- stalten. Philipp Duelli, Junglandwirt und Hofnachfolger Bauer sein verbindet Einerseits sollen wir ökologischer ar- beiten: weniger düngen, Wiesen we- niger mähen und die Felder mit Bi- bern und Wölfen teilen, auch wenn Nutztiere darunter leiden. Anderer- seits wächst die Bevölkerung und ihr Bedarf an Lebensmitteln. Und nicht jeder kann und will sich das Fleisch meiner Mutterkuhherde leisten, des- sen Preis einiges über dem Discoun- ter-Durchschnitt liegt. Kaum anders sieht es mit unserer Biogasanlage aus. Atomkraft und Kohle sollen einge- stellt werden. Zugleich muss ich un- sere ökologische Wärme- und Strom- produktion bald drosseln, weil sich mit geringerer Förderung nicht wirt- schaftlich arbeiten lässt. Solche Ge- gensätze frustrieren. Landwirte geben auf. Wer weitermacht, wird größer. Es passiert genau das, was die Bevölke- rung nicht möchte. Produzieren wir in Zukunft nur noch halb so viele deut- sche Lebensmittel – diese allerdings biologisch – und kaufen anderswo günstige zu, die nach geringeren Stan- dards produziert wurden? Nein, sicher wird mehr als bisher ökologisch er- zeugt, doch der Großteil wird konven- tionell erwirtschaftet: so ertragreich und ökologisch wie möglich. Das geht mit verbessertem Technikeinsatz und Forschung im Pflanzenbau. Ich wer- de meine Mutterkühe weiter extensiv auf Weiden aufziehen und das Fleisch direkt vermarkten. Zugleich wird auf unseren Feldern mit intelligent einge- setztem Dünger und Pflanzenschutz- mitteln die beste Ernte wachsen. Kon- ventionell und ökologisch sind keine Gegensätze, sie ergänzen sich.