+3 Magazin Juni 2018 | Page 16
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WIR FRAGEN:
WELCHER TREND BLEIBT?
... und was ist
Ihre Meinung?
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Dieses Foto kann nicht in Stuttgart entstanden sein:
In der baden-württembergischen Landeshauptstadt
herrscht Konfettiverbot.
Quelle: Stuttgarter Nachrichten
© iStock./Jasmina007
Jil Sander,
Modedesignerin
Individualität trifft
Zeitgeist
Wenn man einen Trend als unwider-
stehliche Tendenz versteht, dann ist in
der saisonalen Mode noch kein Trend
geblieben. Aber in einer historisch
weiter gefassten Perspektive sind kon-
tinuierliche Großtrends festzustellen,
weg von einengender, komplizierter
Kleidung und von gesellschaftlicher
Klassen- und Geschlechterdistinkti-
on. Ob es auch einen Trend weg vom
Ornamentalen gibt, muss man ge-
rade wieder sehr infrage stellen. Die
zeitübergreifenden Trends spiegeln
die Emanzipation des Individuums
in der Demokratie, den technischen
Fortschritt und die industrielle Mas-
senproduktion wider. Ich persönlich
war immer der Ansicht, dass all die-
se Entwicklungen uns die Chance für
eine moderne Schönheit eröffnen, die
auf starke Statements im Sinne modi-
scher Exzentrik gut verzichten kann.
Mode war lange auch eine Ersatz-
handlung – vor allem für Frauen, die
ihren eigenen Weg noch nicht gehen
durften. Doch in einer Zeit, die der
individuellen
Selbstverwirklichung
weniger Hindernisse entgegenstellt,
nimmt auch das Bedürfnis ab, durch
laute Modeakzente Aufmerksamkeit
zu erzwingen. Deshalb habe ich Klei-
dung entworfen, die ihre Trägerin und
ihren Träger durch Qualität, Komfort,
innovative Materialien, dynamische
Eleganz und Understatement bei ih-
ren Aufgaben unterstützt. Was eine
Kollektion von der anderen unter-
schied, war weniger ein Trend als die
subtile Handschrift des Zeitgeistes.
Philip Marschal,
Leser
Selbstbesinnung
Ich denke, der Trend zur Rückbe-
sinnung auf Vergangenes bleibt der
Menschheit immer erhalten. Vergan-
genes meint dabei nicht alles, son-
dern Ideen, Einstellungen und Werte.
Schon vor tausenden Jahren machten
sich Philosophen die gleichen Gedan-
ken wie wir heutzutage. Wie werde
ich glücklich? Wie führe ich ein zu-
friedenes Leben? Wer bin ich wirk-
lich? Auch wenn wir uns als Mensch-
heit weiterentwickeln und aus der
Balance kommen, werden wir uns
nach einer gewissen Zeit wieder bei
den gleichen Fragen einpendeln. Die
Geschichte zeigt, dass wir die positi-
ven Dinge der Vergangenheit immer
wieder aktivieren. Egal, wie technisch
und wissenschaftlich wir voranschrei-
ten, am Ende besinnen wir uns doch
zurück auf unsere Wurzeln, die Na-
tur. Auch alles Neue der Welt und des
Universums wird uns auf Dauer nicht
weit weg von unserem Kern, unserem
Sein und der Verbundenheit zur Na-
türlichkeit entfernen.
Irene Schneider, Leserin
Junges Blut
„Der Trend geht zum jüngeren Mann“
ist einer meiner Lieblingssätze, den
ich mal in einer Illustrierten gelesen
und in meinen aktiven Wortschatz der
Alltagsweisheiten übernommen habe.
Ist es nicht absurd, in der Liebe von
Trends zu sprechen? Und doch scheint
es zuzutreffen – das stelle ich jedenfalls
im meinem Bekanntenkreis fest.