+3 Magazin Juli 2020 | Page 14

14 +2 › Laura Bruns, Designforscherin und Kulturmanagerin Kreative Spielwiese Wie kann die Stadt von morgen durch Teilhabe und Einbezug aller entstehen? Für mich ist das weniger die formelle Beteiligung der Öffentlichkeit, wie sie in Paragraph drei des Baugesetzbuchs festgelegt ist. Es sind vielmehr die kleinen, alltäglichen Handlungen, das wilde Urbanisieren und die vielen subkulturellen und gemeinwohlorientierten Biotope, die überall dort entstehen können, wo Flächen der Verwertungslogik des Marktes entzogen sind. Jedoch drohen im Zuge der Stadterneuerung eben jene Strukturen zu verschwinden. Der Immobilienmarkt scheint mehr und mehr zu bestimmen, wer in unseren Städten leben kann und an ihrer Entwicklung teilhat. Umso wichtiger ist es, die kulturelle Vielfalt und Ausdrucksfähigkeit einer Stadtgesellschaft zu schützen. Denn sie trägt entscheidend zu Identität und Zusammenhalt bei. In meiner Stadt von morgen werden eben jene kreativen Andersmacher von Michael Müller, Regierender Bürgermeister von Berlin Mittelpunkt Mensch Die Stadt von heute ist von Nutzungskonflikten und überkommenden Prioritäten geprägt. In der Stadt von morgen sind Wohnen, Arbeit, Freizeit, Kultur, Shopping, Erholung, Urban Gardening und Kreativität nicht länger künstlich getrennt. Sie werden zusammengedacht und es Politik und Verwaltung aktiv unterstützt. Neue und bisweilen unkonventionelle Vergabe- und Förderlogiken sorgen für Möglichkeitsräume, die dem wirtschaftlichen Ertragsprinzip entzogen sind. Dabei wird verstärkt auf die Erprobung von Commoning- Formaten und die Entwicklung neuer Eigentumsmodelle gesetzt. So entstehen unkonventionelle Strukturen der Kooperation zwischen den verschiedenen Akteuren. Improvisation ist nicht länger Notlösung, sondern Gestaltungsmöglichkeit von städtischen Veränderungsprozessen – für mehr selbstgemachte Nischen und kreative Freiräume. Jakob Springer, Leser Grüne Oasen Die Stadt von morgen muss grün sein. Durch den Klimawandel heizen sich Innenstädte immer weiter auf und üppiges Straßengrün kann nicht nur das Auge erfreuen, sondern auch einen wichtigen Beitrag zum Stadtklima leisten. Fassaden und Dachflächen bieten ebenfalls Platz für Pflanzen und damit auch Lebensräume für die städtische Tierwelt. Durch den Mobi- entsteht eine einzigartige Stadt der kurzen Wege. Für diese Vision müssen wir den Stadtraum neu verteilen, Flächen anders denken. Der Schlüssel liegt in der Mobilitätswende, denn nur der Straßenraum gibt uns die Chance zur Umverteilung und damit zur Umgestaltung. Kurze Wege und ein intelligenter, klima- und umweltfreundlicher Mix aus Individual-, Fuß-, Rad- und öffentlichen Nahverkehr ermöglichen es, unsere Städte zu Metropolen zu machen, in denen der Mensch im Mittelpunkt steht. Berlin mit seinen vielen Wissenschafts- und Forschungseinrichtungen, seiner engagierten Stadtgesell- WOHNEN ALS STUDENT Die Mieten steigen unterschiedlich stark von 2010 zu 2019 München Stuttgart Frankfurt/M. Köln Tübingen Freiburg Heidelberg Mainz Nürnberg Bonn Hamburg Karlsruhe Düsseldorf Berlin Münster Göttingen Aachen Hannover Kiel Jena Dresden Greifswald Bochum Leipzig Magdeburg 473€ 100€ 300€ 500€ 700€ 717€ Für eine studentische Musterwohnung Quellen: MLP, IW litätswandel werden Verkehrsflächen frei, die begrünt werden können. Aus der vierspurigen Stadtstraße entsteht eine zweispurige Straße mit begrüntem Fahrradboulevard in der Mitte. So könnte die Stadt von morgen aussehen. schaft, den innovativen Startups und Unternehmen ist der Thinktank für diese Stadt von morgen. Auf dem Gelände des Noch-Flughafens Tegel haben wir nach der Schließung ab 2021 mit der Urban Tech Republic die einmalige Chance, diese neue Berliner Mischung beispielhaft zu entwickeln. Dort und in ganz Berlin beweisen wir, wie sich Stadt durch eine intelligente Verteilung von Flächen neu erfinden lässt. Das geschieht im Dialog mit denen, die Zukunft denken und allen, die in dieser Stadt der Freiheit und Gleichheit leben wollen. So entsteht eine wirkliche Smart City. Tobias Kollewe, Präsident Bundesverband Coworking Spaces Deutschland (BVCS) Entwicklungsschub für Stadt und Land Die Anzahl der Coworking Spaces ist in den vergangenen Jahren sehr stark angestiegen. Die Nachfrage nach flexiblen Angeboten wächst auf Seiten der Unternehmen gerade in wirtschaftlich unsteten Zeiten. Und auch die zunehmende Mobilitätsbereitschaft von Arbeitnehmern und der Wunsch der Generation Y nach Flexibilität, ökologischer und ökonomischer Nachhaltigkeit und einer Vereinbarkeit von Arbeits- und Privatleben erfordern neue Angebote seitens der Kommunen und der Arbeitgeber. Coworking Spaces können sowohl im urbanen als auch im ländlichen Raum eine Antwort auf die dringenden Fragen beider Regionen sein: Schaffung von Infrastruktur, Reaktivierung brachliegender Flächen und Verminderung der Abwanderung auf dem Land, Reduzierung von Pendlerströmen, Flächenoptimierung und Quartiersentwicklung in der Stadt. Corona hat gezeigt, dass dezentrales Arbeiten technisch und organisatorisch möglich ist. Homeoffice kann aber dauerhaft keine Alternative zu einem „Arbeitsplatz“ sein. Coworking Spaces bieten Plug-and-Play-Arbeitsplätze mit kompletter Infrastruktur. Dezentral organisierte Spaces mit mehreren Standorten sind gerade dann eine mögliche Antwort, wenn sie Angebote in der Stadt und im ländlichen Raum kombinieren. Die öffentliche Hand muss Rahmenbedingungen schaffen und Coworking-Initiativen mit Know-how, Fläche und Fördermitteln unterstützen – im Rahmen von Regionalentwicklung und Wirtschaftsförderung. Mehr Infos unter: www.citydecks.de Focus Open 2020 Silver DIES IST EINE GESPONSERTE ANTWORT, ALSO EINE ANZEIGE WILLKOMMEN AUF DER STRASSE Der öffentliche Raum wird vor dem Hintergrund der Pandemie neu verhandelt. Galt bisher zum Beispiel die Umnutzung von Parkplätzen als schwierig, kann es jetzt stellenweise kaum schnell genug gehen. Mit den modularen CITYDECKS-Parklets können Städte und Kommunen kurzfristig und ohne großen Planungsaufwand Parkplätze und andere öffentliche Räume umnutzen. So entstehen neue grüne Oasen, die zum Verweilen im urbanen Raum einladen. Der städtische Raum ist an Wert und Bedeutung kaum zu unterschätzen. Dass wir mehr qualitativ hochwertige Aufenthaltsmöglichkeiten brauchen, wird bereits länger diskutiert. Städte sehen sich schon seit Jahren vor wachsende Herausforderungen wie zunehmende Verdichtung, sommerliche Hitzeperioden und sich verschlechternde Luftqualität gestellt. Umso unverständlicher erscheint die Tatsache, dass in manchen Städten bis zu 30 Prozent der Fläche dem ruhenden Verkehr gewidmet ist. Darunter leiden Fußgänger, Radfahrer und Einzelhandel gleichermaßen. Auch wenn das mancher (noch) anders sieht. Es braucht also neue Anreize für eine nachhaltige und zukunftsgewandte Entwicklung unserer Städte. Alternative Nutzungsszenarien im Maßstab 1:1 erlebbar zu machen, öffnet hier Denkräume und macht neue Qualitäten sichtbar. Mit dem modularen Parklet-System CITYDECKS gibt es nun ein Instrument, mit dem neue Aufteilungen öffentlicher Flächen kurzzeitig realisiert und mittelfristig getestet werden können. So lassen sich Nutzungen einführen und Bedarfe evaluieren, um zu einer langfristigen Entwicklung beizutragen. Damit es in unseren Innenstädten bald wieder heißt: Willkommen auf der Straße!