+3 Magazin Juli 2020 | Page 10

10 +2 WIR FRAGEN: WIE SIEHT DIE STADT VON MORGEN AUS? ... und was ist Ihre Meinung? In Berlin wird das Anlegen eines Dachgartens mit bis zu 60.000 Euro gefördert – gerade mal vier Prozent der möglichen Flächen werden bislang dafür genutzt. Quelle: gruendachplus.de www.plus-drei.de [email protected] © iStock./fotografixx Helmut Dedy, Hauptgeschäftsführer Deutscher Städtetag Der Wandel kommt schneller als gedacht Corona hat die Städte verändert. Während des Lockdowns haben wir gespürt, wie wertvoll pulsierendes Leben für uns ist, wie sehr wir auf Begegnungen und Kontakte angewiesen sind. Herausforderungen wie Digitalisierung, Verkehrswende oder Klimaschutz, die die Städte seit einiger Zeit umtreiben, werden uns weiter begleiten. Womöglich wird einiges schneller gelingen, anderes wird schwieriger. Die Corona-Zeit hat die digitale und die analoge Welt zusammenrücken lassen. Städtische Verwaltungen sind flexibler geworden. Sprechstunden per Web-Meeting, Bürgerservices aus dem Homeoffice oder die Entwicklung und Einführung von Apps zum Infektionsschutz waren in kurzer Zeit möglich. Ein Digitalisierungsschub durch Corona scheint möglich. Manche Probleme aber haben sich verstärkt. Der Einzelhandel war schon vorher im Umbruch, die Pandemie schüttelt ihn weiter durch. Wir müssen neue Nutzungsideen für Innenstädte ausprobieren. Oder die Kultur. Überlebt mein Kino? Wie retten wir die Clubs? Und schließlich der Verkehr. Zu Beginn des Lockdowns waren viel weniger Autos unterwegs. Wir haben gemerkt, wie sehr das unser Gefühl für die Stadt verändert hat. Der öffentliche Raum ist viel mehr als nur Parkplatz. Die Verkehrswende hin zu einer anderen Mobilität ist ein Schlüsselthema der Stadt der Zukunft. Christa Reicher, Leserin Lehren der Pandemie Die Stadt von morgen wird so aussehen wie bisher – und doch ganz anders. Dabei ist der Baubestand eine wichtige Ressource, den es aus Gründen der Nachhaltigkeit möglichst zu erhalten und weiterzuentwickeln gilt. Die Gestalt der Stadt von morgen wird sich also nicht grundlegend ändern können, wohl aber die Parameter in der Stadtplanung. Spätestens seit der Corona-Krise hat sich gezeigt, wie wichtig der Freiraum als Ort der gesellschaftlichen Teilhabe oder auch nur als Ergänzungsraum zur privaten Wohnung ist. Die Pandemie hat die soziale Zweiteilung unserer Gesellschaft offensichtlich gemacht: in eine Gruppe, die über einen privaten Garten verfügt, und eine Gruppe, die mehr denn je auf öffentliche Freiräume angewiesen ist. Statt einer baulichen Nachverdichtung in den Innenstädten werden Fragen der qualitätsvollen Freiraumentwicklung, der Rückgewinnung von Verkehrsraum als Stadtraum und nicht zuletzt gesellschaftliche Fragen von Akzeptanz und Leistbarkeit zunehmend relevant. Die Antworten auf diese Fragen sind Bausteine einer resilienten Stadt von morgen. Die derzeitige Pandemie geht vorüber, aber die Klimakrise wird bleiben und sich verstärken. Also muss das Leitbild des klimasensiblen Städtebaus unser Handeln leiten – ob als Planer, als Politiker oder einfach nur als engagierter Bürger der Stadt. Christer Björgman, Leser Der Mix macht’s: