+3 Magazin Juli 2015 | Page 11

+2 Irmgard Schwaetzer, Präses der Synode der Evangelischen Kirche in Deutschland (EKD) Festung Europa? Endlich Bilder von Rettungsbooten im Mittelmeer. Um uns herum ist die Welt im Aufruhr, aber die Staatschefs Europas denken immer noch darüber nach, wie sie Menschen, die vor Bürgerkrieg, Verfolgung, Willkür und Armut flüchten, von unserem beschützten Leben fernhalten können. Aber erst wenn Menschen in Sicherheit und Freiheit ihr Leben führen können und sie zu Hause Lebenschancen haben, werden sie in ihrer Heimat bleiben. Solange werden sie sich nicht von den Gefahren einer Überfahrt über das Mittelmeer abschrecken lassen. Die Evangelische Kirche fordert endlich mehr Anstrengungen, um Fluchtursachen zu beenden: Auf dem Gipfel zur Finanzierung der Entwicklung der ärmsten Länder dieser Welt im äthiopischen Addis Abeba im Juli müssen den Staaten konkrete Zusagen zur Aufstockung der finanziellen Leistungen auf 0,7 Prozent ihres Bruttoinlandsprodukts abverlangt werden – und nicht eine Abkehr von diesem lange formulierten Ziel, wie es offensichtlich die EU anstrebt. Geradezu zynisch aber ist, dass die EU-Länder den Bürgerkriegsflüchtlingen aus Syrien und Irak keine legalen und sicheren Reisewege eröffnen. Hier ist es dringend geboten, großzügig und unbürokratisch Visa nach Europa auszugeben und erneut ein Programm zur Ansiedlung besonders bedrängter Familien aus Syrien in Europa zu beschließen und umzusetzen. Die gemeinsamen Werte, auf denen die Europäische Union basiert, erfordern eine Willkommenskultur für Schutzsuchende. joG, Leser/in Mauern werden höher Eher sieht es aus, als würden in Europa die Grenzen wieder errichtet werden (müssen). Die EU und die Mitgliedsregierungen haben seit den 1990ern unerhört geschlampt und die Bevölkerungen sind unruhig geworden mit den ganzen Desastern, die man durch immer neue Regeln zu korrigieren sucht. Wie nun jetzt auch hier, wo man sogar bespricht, bewaffnetes Militär gegen Leute einzusetzen, die nur den Ärmsten der Welt, wiewohl gegen Geld, helfen. Das verunsichert die Wähler und sie beginnen zu murren. Wolfgang Diederich, Leser Spaß mit Zäunen Es wird Grenzen geben, solange es Menschen gibt. Menschen grenzen sich ab. Politisch in Form von Nationalitäten, privat in Form von „Maschendrahtzaun“. Und wer das nicht Gerhard Bachleitner, Leser 11 Peter Jagusch, Leser Andreas Köthemann, Leser Einzeller Ein dehnbarer Begriff Welch eine dumme (und auch sehr neudeutsche) Insinuation! Wollen Sie uns tot sehen? Jede lebende Zelle existiert nur, weil sie zwischen sich und dem Rest der Welt eine Grenze zieht. Wir haben die große Chance, hierzu unseren Schengen-Raum genau zu beobachten. Zu schauen, wie es uns da gelingt zusammenzuwachsen. Diese Erfahrungen können dann die Grundlage sein für eine komplette Welt ohne Grenzen. Wann es die geben wird, hängt vom politischen Willen der verantwortlichen Regierenden ebenso ab wie von zu Extremismus neigenden Untergrundgruppen. Solange es aber noch „Antiterrorgesetze“ gibt, die nicht die Terroristen treffen, sondern das Volk ruhig halten sollen, solange über den Islam gehetzt wird, solange man über Flüchtlinge und Asylbewerber herzieht und Massenarbeitslosigkeit regiert, dürften völlig offene Grenzen noch in sehr weiter Ferne liegen. Obwohl ich mir die überall offene Grenze sehnlichst wünsche. Siegbert Wolf, Herausgeber der „Ausgewählten Schriften“ von Gustav Landauer Ordentlich anarchisch Der libertäre Kulturphilosoph und Initiator zahlreicher anarchistischer Projekte Gustav Landauer (1870–1919) entwickelte ein Nationenkonzept jenseits von Nationalstaatlichkeit, Staatsgrenzen und Nationalismus. Er zielte auf eine Trennung der Nation vom Staat, da der Staat für ihn nur eine Zwangsstruktur war und damit das Gegenteil von Freiheit, Bund und Vielfalt: „Volk […] ist ein Mischgebilde aus Nationalität, staatlichen Grenzen und Wirtschafts- und Kultureinheit. Der Staat und seine Grenzen sind elende Zufallsprodukte der erbärmlichsten Erscheinungsformen so genannter Geschichte.“ Hierbei kommt dem Föderalismus – ein Organisationsprinzip, geprägt von der Eigenständigkeit und engen Vernetzung der einzelnen Glieder – eine erhebliche Bedeutung zu. Nur in einer grundlegend erneuerten Gesellschaft freier und gleichberechtigter Menschen konnte sich Landauer eine Welt ohne (nationalstaatliche) ganz so eng sieht, empfindet das nicht als eingrenzend, sondern als bereichernd! Jochen Viehoff, Geschäftsführer des Heinz Nixdorf Museumsforums Alles auf Anfang? Die Internationalisierung der Kommunikation begann schon vor dem digitalen Zeitalter, als analoge Telegrafen- und Telefonnetze erst Länder und später über Tiefseekupferkabel ganze Kontinente verbanden. Mit dem beginnenden Computerzeitalter kamen digitale Informationen hinzu, die das bestehende Netz international nutzen konnten, deren Leistungen aber rasch nicht mehr ausreichten. Neue Glasfaserleitungen verbinden heute fast alle Länder der Erde und dienen der In weiter Ferne Dazu müsste man erstmal klären, ob Grenzen überhaupt fall