+3 Magazin Juli 2015 | Page 10

+2 10 WANN FALLEN DIE GRENZEN? WIR FRAGEN: ... und was ist Ihre Meinung? www.plus-drei.de [email protected] Etwa fünf Prozent des Metalls der knapp 140.000 deutschen Glocken besteht aus Waffenschrott. Quelle: Glockenmuseum Apolda © Jane Sweeney/[email protected]/JAI/Corbis Heinz Feldmann, Gründer von Wohnprojekt Wien, Verein für nachhaltiges Leben Jeden Tag auf's Neue Als ehemaliger Konzerngeschäftsführer und neoliberaler Yuppie der späten 1990er war es für mich ein weiter Weg der persönlichen Entwicklung zum „Neo-Öko“ und „Weltverbesserer“. Um die Grenzen in meinem Kopf („Wenn jeder an sich selber denkt, ist für alle gesorgt.“) zu überwinden, musste ich zuerst einmal viele Landesgrenzen überqueren. Konkret erfüllte ich mir vor zehn Jahren einen alten Lebenstraum, nahm mir eine Auszeit und ging ein Jahr auf Weltreise. Was ich da alles sah und erlebte, hat meinen Verdacht bestätigt, dass unser neoliberales und kapitalistisches Wirtschaftssystem mit seinem permanenten Wachstumszwang nicht nur unfair ist, sondern unser aller Lebensgrundlage nachhaltig zerstören wird. Eine meiner daraus resultierenden Entscheidungen war, dass ich in Zukunft nicht mehr alleine in meiner viel zu großen und teuren Eigentumswohnung leben möchte, sondern in „Gemeinschaft“ mit anderen Menschen, mit denen ich mich organisiere und die Ressourcen (Räume, Fahrzeuge, Werkzeug, Bücher, Wissen etc.) intelligent und nachhaltig teile. Das erfordert in der Praxis tägliche „Grenzüberwindungen“ im Kopf: Wie kann es sein, dass in so einem nachhaltigen Vorzeigeprojekt Leute ihren Müll nicht ordentlich trennen? Wieso ist die Fahrradgarage schon wieder nicht richtig versperrt? Aber der Lohn für meine „Grenzgänge“ ist immens: Ich freue mich jeden Tag, bin von Herzen dankbar und fühle mich absolut privilegiert, dass ich so leben darf! Rupert Strachwitz , Leser Widerstand ist zwecklos Die meisten Grenzen sind doch längst gefallen! Wir leben heute in einer Weltgesellschaft, in der wir zeitgleich – und weitgehend in einer universellen Sprache – mit jedem Ort auf dem Globus kommunizieren und jeden Ort in höchstens 24 Stunden erreichen können. Lebensentwürfe, ethische Normen, Sitten und Gebräuche gleichen sich immer mehr an. Gott sei Dank! Aus „fremden“ Kulturen haben wir, ohne es recht zu merken, vieles angenommen, so wie diese viel von uns übernommen haben. Es gibt immer noch Unterschiede, aber sie sind nicht durch starre Grenzen markiert, sondern durc