+3 Magazin Februar 2022 | Page 8

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Zuverlässig fördern
Alle Menschen müssen Zugang zu sauberer und bezahlbarer Energie haben . Das ist ein Grundrecht und zwingend , um der Klimakrise zu begegnen . Aber wie ? Theoretisch ist es klar : Der Anteil an erneuerbaren Energien muss erhöht , die Energieeffizienz gesteigert und mit viel Energieautarkie saubere Nahwärme am Haus und im Quartier produziert werden . Und praktisch ? Da scheitert dieses Nachhaltigkeitsziel der Weltgemeinschaft häufig am zu kleinen Geldbeutel . Viele haben einfach nicht die Mittel , um die eigene Immobilie klimafit zu machen . Sie brauchen Förderung vom Staat , um die Mammutaufgabe zu stemmen . Doch der lässt die Menschen mit ihren Bau- und Sanierungsprojekten und hohen Energiepreisen gerade im Regen stehen . Ohne Ankündigung oder Übergangslösung stoppte die neue Bundesregierung im Januar die im großen Stil beworbene Bundesförderung effiziente Gebäude ( BEG ). Damit verprellt sie Menschen , die seit Jahren darauf eingeschworen wurden , ihr Haus energetisch zu sanieren . Es muss anders gehen . Indem die Politik verlässlicher
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Manfred Jost , Präsident Verband Wohneigentum
wird und sich nicht nur an Zahlen , sondern an den Bedürfnissen der Menschen orientiert . Indem sie individuelle Beratung ermöglicht , die bezahlbare Wege aufzeigt . Die Bundesregierung muss die Förderung schnellstmöglich wieder aufnehmen und auskömmlich ausstatten , damit Verbraucher und Verbraucherinnen verlässlich planen können . Nur bei zuverlässiger Förderung haben wir die Chance , die Klimaziele im Gebäudesektor zu erreichen .
Henning Kulbarsch , Leser
Künstlich verteuert
Ein wichtiger Baustein bei der sozialverträglichen Energiewende ist die Abschaffung der Stromsteuer . Was ursprünglich als „ Einstieg in die ökologische Steuerreform “ gedacht war , stellt sich heute als Hemmschuh bei der Verwirklichung der klimapolitischen Ziele heraus . Wie die EEG-Umlage , deren Abschaffung geplant ist , sorgt auch die Stromsteuer für eine künstliche Verteuerung von Strom . Dabei ist Strom heute die einzige Möglichkeit , über die Sektorenkopplung ,
PREISPYRAMIDE In Deutschland ist Strom besonders teuer
Iran
0,004
Russland
0,052
Bulgarien
0,117
Norwegen
0,125
Kroatien
0,138
Israel
Schweden
Litauen
0,152
0,164
0,164
Niederlande
0,165
Polen
0,166
Slowakei
0,169
Frankreich
0,185
Griechenland
0,187
Schweiz
0,201
Spanien
Luxemburg
0,207
0,211
Österreich
Tschechische Republik
0,214
0,224
Italien
Portugal
0,225
0,231
Irland
0,242
Großbritannien
0,248
Belgien
0,266
Dänemark
0,294
Deutschland
0,318
Juni 2021 , in Euro pro Kilowattstunde Quelle : Global Petrol Prices etwa durch Power-to-Gas , die fossilen Energieträger Kohle , Erdöl und Erdgas durch erneuerbare , CO 2 -neutrale Energieträger zu ersetzen . Dies gilt vor allem für die bisher besonders von fossilen Energieträgern geprägten Bereiche Mobilität und Wärme . Wir müssen also Anreize zur substituierenden Nutzung von Strom setzen , anstatt ihn zu verteuern . Die Stromsteuer macht heute rund sieben Prozent des Strompreises aus . Gerade auch vor dem Hintergrund steigender Energiepreise in der EU und der Belastung ärmerer Haushalte ist es geboten , diese unnötige Steuer abzuschaffen , um klimafreundliche und sozialverträgliche Energienutzung zu fördern .
Tempo machen
Andreas Löschel , Professor für Umwelt- / Ressourcenökonomik und Nachhaltigkeit , Ruhr-Universität Bochum
Die Frage , wie Energie sauber wird , ist in Deutschland seit zwei Jahrzehnten entschieden : durch den massiven Ausbau erneuerbarer Energien . Bei der Umsetzung stockt es aber . Das liegt beim besonders wichtigen weiteren Ausbau der Windenergie an Land an fehlenden Flächen und langwierigen Verfahren . Oft fehlt es aber auch an Akzeptanz , selbst wenn eine schweigende Mehrheit die Energiewende unterstützt . Hier muss Vertrauen und Transparenz geschaffen werden , nicht nur finanzielle Beteiligung . Denn ohne die Windenergie und einen umfassenden Netzausbau wird es nicht klap- pen . Die stärkere Fokussierung auf Photovoltaikanlagen umschifft diese Probleme , dürfte aber teurer werden . Nun war die Bezahlbarkeit der Transformation bisher nicht in Frage gestanden : Im letzten Jahrzehnt sind die Ausgaben der Letztverbraucher für Energie weniger stark gestiegen als die Wirtschaftsleistung . Das ändert sich gerade aber massiv – vor allem wegen des extremen Anstiegs der Preise für fossile Energien . Der eingeschlagene Weg ist also richtig . Aber die Spielräume für die vielen Baustellen werden kleiner . Gerade gesehen bei der Frage der energetischen Sanierung . Auch über eine langfristig höhere CO 2 -Bepreisung bei Gebäuden und Verkehr wird nicht mehr gesprochen . Dabei ist gerade das der günstigste Weg , Energie sauber zu bekommen und die schwierigen Verteilungseffekte hoher Energiepreise abzufangen . Und natürlich durch ein viel stärkeres europäisches Vorgehen .