+3 Magazin Februar 2021 | Page 8

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WIR FRAGEN :

WIE DIGITALISIERT MAN EINE SCHULE ?

500 Millionen Euro hat der Bund im Zuge der Corona-Hilfen für die Beschaffung von mobilen Endgeräten für Schüler aus finanzschwachen Familien bereitgestellt . Quelle : Digitalpakt Schule © iStock ./ ozgurcankaya
Klaus Zierer , Ordinarius für Schulpädagogik , Universität Augsburg
Fallstricke der Ferne
Aktuell werden Lernende weltweit im Fernunterricht beschult und es wird heftig über die Sinnhaftigkeit dieser Maßnahme diskutiert . Aus pädagogischer Sicht stellt sich vor allem die Frage : Kann Fernunterricht gelingen ? Damit nicht Mythen dominieren , ist der Blick auf die Empirie unerlässlich . Die Studie „ Visible Learning “, die größte Synthese an Ergebnissen der Bildungsforschung , berichtet einen geringen Effekt auf die Lernleistung und belegt : Präsenz ist besser als Distanz . Aber die Empirie zeigt auch : Fernunterricht kann gelingen und ein Notprogramm sein , wenn bestimmte
Aspekte berücksichtigt und Fallstricke vermieden werden . Die Technik ist dabei nicht das Entscheidende , sondern nur Mittel zum Zweck . Allen voran brauchen Lernende ein hohes Maß an Selbststeuerung – leider stand das bisher nicht im Zentrum des Bildungssystems . Sodann erfordert Fernunterricht Regeln und Rituale , Klarheit in der Zielsetzung und den Arbeitsaufträgen , umfassende Feedbackschleifen , Kooperation und Austausch zwischen allen Beteiligten . All das ist wichtig , weil Lernende und Lehrende sich nicht unmittelbar sehen können . Die Anforderungen an einen gelingenden Fernunterricht sind hoch . Wünschenswert wäre daher eine ministerielle Unterstützung nicht nur auf technischer Ebene , sondern auch auf inhaltlicher , damit nicht jede Schule das Rad der Digitalisierung neu erfinden muss . Lernende bekämen so Halt in dieser Notlage und Eltern eine ebenso wichtige Entlastung .
Walter Scharl , Leser
Auf die Füße stellen
Die Digitalisierung bayerischer Schulen krankt an zwei Stellen . Problem eins : die Finanzierung des Sachaufwands durch die Kommune sowie Vorgaben wie Lehrpläne , Dienstanweisungen und Schulordnungen durch den Freistaat . Problem zwei : Jede Schule soll ein eigenes Digitalisierungskonzept aufstellen , dabei fehlen dafür sowohl klare Zielvorgaben durch das Ministerium als auch gleichmäßig verteilte Fachkompetenz in den Lehrerkollegien . Lösung : Notwendig wäre eine Finanzierung des gesamten Sachaufwands durch den Freistaat , um eine einheitliche Ausstattung aller
Schulen zu erreichen . Die unterschiedlichen Vergaberichtlinien der Kommunen bremsen nicht nur das Vorhaben , sondern verwandeln es in einen Flickenteppich . Das Ministerium muss klare Ziele vorgeben : Jeder Schüler und jede Lehrkraft erhalten einen Laptop mit einheitlicher Konfiguration . Eine zentrale Ausschreibung garantiert die gleiche Ausstattung an allen Schulen und erleichtert auch die Wartung . Die Datenleitungen müssen für den enormen Datentransfer nach einheitlicher Vorgabe ertüchtigt werden . Alle Lehrkräfte müssen verpflichtend fortgebildet werden , um den digitalen Unterricht in die Tat umsetzen zu können . Dies kann nicht der einzelnen Lehrkraft überlassen werden . Software muss von renommierten Firmen erstellt werden , um Pannen zu vermeiden . Die Software-Ersteller brauchen von vornherein klare Vorgaben , die nicht nachträglich wieder geändert werden dürfen .