+3 Magazin Februar 2021 | Page 6

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Udo Goldstein ,
Leser
Mitdenken
Guter Journalismus macht einen deutlichen Unterschied zwischen der Wiedergabe von Meinungen und Inhalten und kennzeichnet dies auch . Die Inhalte sollten auf nachweisbaren Fakten beruhen . Wenn es dazu inhaltliche Einschränkungen gibt , muss das auch klar kommuniziert werden . Die
Christopher Buschow , Juniorprofessor für Organisation und vernetzte Medien , Bauhaus-Universität Weimar
Organisierte Vielfalt
Fakten- Effizienz ist im Einzelfall durch wissenschaftliche
Hinterlegungen mit Links nachzuweisen . Die Pandemie hat gezeigt , dass dieser Nachweis in den seriösen Medien in aller Regel vorhanden war . Dies gilt uneingeschränkt sowohl in den klassischen Printmedien als auch in den digitalen Medien . Wobei der Unterschied zwischen Print und Digital auch darin zu sehen ist , dass umfangreiche Recherchen zu einem aktuellen Sachverhalt einen inhaltlichen Unterschied ausmachen können . Das Wichtigste bleibt aber , dass der Leser die Informationen für sich selber einordnet . An dieser Stelle entscheidet sich , ob Fake News oder Verschwörungstheorien auf einen fruchtbaren Boden fallen .
Als Organisationsforscher interessiert mich vorrangig , wie journalistische Zusammenarbeit funktioniert . Die klassische Redaktion , die mehr als 100 Jahre der vorherrschende Arbeitsort des Journalismus war , ist heute ein Auslaufmodell . Ihre Kostenstruktur passt nicht mehr zu den stark gesunkenen Erlösmöglichkeiten im digitalen Journalismus . Es ist absehbar , dass sie bald nur noch als Ausnahme fortbestehen wird – dort , wo man sie sich weiterhin leisten kann und will . An die Stelle der konventionellen Redaktion tritt eine Vielzahl und Vielfalt anders organisierter Produktionsstätten . Die Riff Reporter etwa entwickeln eine genossenschaftliche Gründungsinfrastruktur für ihre mehr als 100 beteiligten Journalisten – eine Plattform als Verlag für das 21 . Jahrhundert . Das gemeinnützige Science Media Center Germany produziert selbst keine journalistischen Endprodukte , sondern unterstützt den Journalismus durch Dienstleistungen und Technologieentwicklung
– und kompensiert damit in den letzten Jahren entstandene Defizite . Rechercheverbünde wie die Panama Papers schaffen den Handlungsrahmen für grenzüberschreitenden investigativen Journalismus – und verhelfen so Recherchen zu globaler Wirkkraft . Diese Beispiele deuten an , wie der Journalismus in Zukunft organisiert werden kann . Sie geben Hoffnung , verlässliche Organisationsformen zu finden , die den Journalismus auch künftig in einer Qualität ermöglichen , die wir uns als Gesellschaft wünschen .
Tilo Jung , Journalist und Podcaster
Schwimmen lernen
Die Zukunft des Journalismus ist ungewiss . Aber das war sie schon immer : Tageszeitung , Radio , TV schufen Umbrüche . Dann kam das Internet . Dieser Verbreitungsweg unterscheidet sich fundamental von allen bisherigen journalistischen Produktionsformen . Er hebt die kategorische Trennung
Vojislav Miljanovic ,
Leser
Qualität zählt
Die einen debattieren über das Ende der gedruckten Zeitung , die anderen verteufeln alles , was digital daherkommt . Doch die Qualität des Inhalts schert sich nicht um das Medium , um den Datenträger . Die Zukunft des Journalismus ist und bleibt daher qualitativ hochwertiger Journalismus , der erläu-
Markus Gerlach , Leser
Täglicher Begleiter
Die Medienbranche befindet sich schon länger inmitten eines grundlegenden Wandels . Auch wenn lineare Angebote immer noch stark nachgefragt werden , nutzen gerade junge Menschen die digitalen Verbreitungswege . Die digitale Nutzung – vor allem im Bereich der Nachrichten – nimmt exponentiell zu . Die Hauptaufgabe des Journalismus von morgen wird es sein , mehr Menschen auf mehr Wegen zu erreichen und dabei gleichzeitig die journalistische Qualität zu erhalten . Große nationale und internationale Themen bleiben wichtig , Berichten über das , was die Menschen in der eigenen Region bewegt , aber wird zunehmend wichtiger . Das stärkt auch die Glaubwürdigkeit der Zeitungsma-
von Sendern und Empfängern auf : Jeder kann nun selbst produzieren und publizieren . Dass Menschen , die nun selbst senden können , mit Skepsis auf die früheren Monopolisten blicken , ist selbstverständlich und auch gut : Entzauberung falscher Autorität hat noch nie geschadet . Für klassische Medien ist das eine ungeheure Lernprovokation . Sie müssen zeigen , dass sie mehr drauf haben . Dazu bedarf es keines besonderen Mutes , aber der ständigen Verbesserung handwerklicher Fähigkeiten : Recherche , Sprache , Gründlichkeit und Einordnung . Wer diese Fähigkeiten besitzt , kann sich als Journalist im Netz sehr gut
tert , einordnet , kritisch nachfragt , sich nicht einlullen lässt und überparteiisch ist – ein
Leuchtturm im Meinungsmeer , ein Verteidiger der Grundrechte . Hart in der Sache , aber stets sachlich . Beleuchtet er eine Fragstellung umfassend ? Macht er sich nicht gemein mit einer Seite ? Werden PR-Verlautbarungen und inhaltsleeres Polit-Blabla eins zu eins wiedergegeben ? Die Zukunft des Journalismus ist und bleibt Qualität . Statt zu lamentieren , dass früher alles besser war – ist Druckerschwärze an den Fingern wirklich ein must have ? – nutzt der Journalismus der Zukunft die digitalen Tools für die Arbeit , um Unstimmigkeiten in Sachverhalten herauszufinden , um Zusammenhänge und Zahlungsströme zu rekonstruieren und den Mächtigen , Schummlern und Verbrechern auf die Schliche zu kommen . Die Zukunft des Journalismus ist … Journalismus .
cher . Mit eigenen Recherchen immer wieder wichtige Impulse setzen und Hintergründe erläutern , das macht für mich einen guten Journalismus aus . Journalismus nicht nur als Informationsvermittler , sondern auch als Tagesbegleiter , der auf verschiedene Weise hilft , mit den unterschiedlichsten Situationen im Alltag umzugehen . Guter Journalismus analysiert , ordnet ein , hinterfragt , bietet neue Zugänge zu Themen , liefert Hintergründe und das jeden Tag aufs Neue .
Ihr Name , Leserin
Was ist Ihre Meinung ?
Schreiben Sie uns , was Sie zu den kommenden Fragen auf der letzten Seite denken – vielleicht erscheinen Sie dann im nächsten Heft .
etablieren – befreit vom traditionellen Korsett der Zeilenvorgabe , des Sendeplatzes und der Perspektivverengung . Nirgendwo lässt es sich tiefer , gründlicher und präziser eintauchen als im Ozean Internet . Ich habe mich vor acht Jahren für diesen Weg entschieden und es nie bereut . Dass in diesem Informationsozean auch Dreck und Desinformation rumschwimmen , gehört einfach dazu . Im Netz müssen wir die Auseinandersetzung mit dem Müll führen – mit neuen professionellen Werkzeugen . Wer sich da die Finger nicht schmutzig machen will , sollte über einen anderen Beruf nachdenken .