+3 Magazin Februar 2021 | Page 25

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Vincent Lentzsch , Leser
Dein Geld bestimmt deine Welt
Um den Begriff Investition zunächst aus dem Kontext einer finanziellen Kapitalanlage zu lösen : im ursprünglichen Sinne bedeutet das lateinische Verb „ investire “ nämlich „ bekleiden “. Ich gebe also jemanden ein Gewand . Ich kann auf einer gewissen Ebene auch etwas bedecken – nicht kaschieren wohlgemerkt – eventuell auch vor äußeren Einflüssen wappnen . Auf diese Weise können gleich ganz andere Zusammenhänge assoziiert werden , als dass es ausschließlich in monetäre Denkrichtungen gehen muss . Ob mit Geld etwas Gutes bewirkt werden kann ? Ja , natürlich ! Dazu bedarf es dann nicht ein paar übrig gebliebener Tausender , die man noch so in petto hat und in Ökoworld stecken kann . Es geht im Alltag . Ich habe als Student nicht viel in der Tasche . Wenn ich allerdings den Verkäufer des Straßenmagazins vor dem örtlichen DM-Markt sehe , kaufe ich das Heft in der Regel auch und gebe statt
Der Anspruch steigt
Viele Anleger empfinden das Finden , Umsetzen und die Kontrolle ihrer persönlichen Vermögensstruktur als Herausforderung . Der Anspruch der Nachhaltigkeit macht die Suche für viele noch komplizierter . Nach meinem Verständnis berücksichtigt eine nachhaltige Geldanlage neben öko-
Rainer Illemann , Leser
Bernhard Rathgeber , Stellvertretender Vorsitzender ökofinanz-21 Netzwerk für nachhaltige Vermögensberatung
Goldene Henne oder falscher Hase ?
In unserer Gesellschaft ist das Thema Nachhaltigkeit angekommen , besonders bei der Generation Y . Aber was hat es eigentlich mit nachhaltigem Investieren auf sich ? Als meine Frau und ich uns darüber informierten , standen wir vor dem Problem , das viele Anlageprodukte sehr erklärungsbedürftig waren . Nachhaltigkeit ist und bleibt eine Frage der individuellen Definition . Wie nachhaltig ist etwa E-Mobilität , die Kohlestrom braucht , oder ein klimaneutrales Unternehmen , das Arbeitnehmerrechte missachtet oder auf Billiglohnländer bei seiner Produktion setzt ? Und welche Fonds haben wirklich zu 100 Prozent nachhaltige Unternehmen im Topf ? Ich würde mich für mehr Aufklärung und Transparenz beim Thema nachhaltige Investments einsetzen . der 2,40 Euro Heftpreis immer fünf . Das mag sich nicht gewaltig anhören , ist in diesem Hinblick aber eine echte Investition – und zwar in einen Mitmenschen , der das Geld an der Stelle wirklich braucht . Jedenfalls mehr als das Gros der Leute , welche diesen in der Regel ignorieren , schnurstracks in den Laden marschieren und dort getreu des Firmenmottos „ Hier bin ich Mensch , hier kauf ich ein “ ihr Geld sicher nur in notwendige Güter anlegen . Es gibt viele Beispiele , bei denen so eine Handlung möglich ist und Geld etwas bewirken kann .
AUSSCHLUSSKRITERIEN Top Fünf nach Anlagesumme nachhaltiger Fonds
1 .
2 .
Korruption und Bestechung
3 . Umweltzerstörung
4 .
5 .
Arbeitsrechtsverletzungen
Menschenrechtsverletzungen
Kohle logischen auch ethische und soziale Aspekte . Ein Großteil innerhalb der Finanzbranche setzt primär auf das Thema Umwelt , da dieses nach wie vor als hip gilt und für sie relativ leicht umsetzbar ist . Der Lebensmittelsektor hat es der Finanzbranche vorgemacht . Die Tiefe des Qualitätsanspruchs der Konsumenten bestimmt die Richtung . Öko-Laden , Bio-Supermarkt , Supermarkt , Discounter . Schön , dass diese Entwicklung stattfand und weitergeht . Egal bei wem Sie , nach ersten Recherchen , einkaufen und / oder sich beraten lassen : Überlegen Sie , was Ihre Ausschlusskriterien sind , zum Beispiel Energienutzung , Menschenrechte , Kinderarbeit , Waffen oder Ressourcenverbrauch . Hinterfragen Sie etwa , ob ein geringer CO 2 -Ausstoß auf den Einsatz von Atomkraft zurückzuführen ist . Entscheiden Sie sich bewusst , ob Sie sich vom Anlageprofi mit langjähriger Nachhaltigkeitserfahrung oder vom Finanzallrounder unterstützen lassen . Ganz wichtig : In der derzeitigen weltweiten Finanzsituation sollten Sie Ihr Vermögen auch hinsichtlich Substanz und Qualität überprüfen , um es nachhaltig und real zu erhalten .
Ulrike Höder , Leserin
Zukunft bauen
Zukunft ist das Wort der Wörter . Egal wie wir es biegen und brechen , wir müssen in die Zukunft investieren . Und gemeint ist die Zukunft unseres Planeten , nicht die irgendwelcher Industrien . Extrem wichtig sind hierbei Bildung und Erziehung . Wenn wir unsere Kinder von Beginn an dafür sensibilisie-
120,5
Gier frisst Hirn
135,2
154,1
152,9
152,1
Wolfgang Unglaub , Leser
Dagmar Wöhrl , Unternehmerin und Investorin
Bewährte Instanz
20 19 , i n M i ll i a rd e n Eu ro
Quelle : FNG
ren , auf die Umwelt zu achten und für die Zukunft unseres Planeten zu handeln , entstehen Bewegungen wie Fridays for Future und mehr . So wird ein Momentum geschaffen , um der Sache Schwung zu verleihen . In der Hoffnung natürlich , dass es nicht bereits zu spät ist . Investieren wir also gerne in nachhaltige Fonds und achten darauf , was unsere Bank mit unserem Geld macht . Aber investieren wir vor allem in die Zukunft aller , in die unserer Kinder und der nächsten Generationen . Dabei werden alte Industrien von neuen abgelöst . Auch hier kann jeder mit seinen eigenen Investitionen die Weichen für die Zukunft mitstellen .
Es gibt sie noch : eine demokratische Unternehmensform mit gleichberechtigtem Mitspracherecht bei relativ hoher Rendite – gerade für Langfristanleger – und verbriefter Nachhaltigkeit ohne Greenwashing oder wolkige , wunderbar klingende Versprechen fern der Überprüfbarkeit durch den Investor . Und das alles trotz fehlender Einlagensicherung relativ risikoarm , mit geringer Insolvenzwahrscheinlichkeit und uninteressant für Spekulanten , Daytrader oder kurzfristig agierenden Fonds . Im Mittelpunkt steht bei Genossenschaften die Förderung sozialer , lokaler , kultureller oder ökologischer Belange und eben nicht die Jagd nach Renditen . Und noch ein Vorteil für alle , die auf der Suche nach klugen Investitionen sind : Eine Beteiligung an einer Genossenschaft ist häufig schon mit wenigen Hundert Euro möglich .
Anleger neigen dazu , den Goldtopf am Ende des Regenbogens finden zu wollen . Für ihre Anlagen suchen sie den „ totsicheren “ Tipp und vertrauen daher zu oft fragwürdigen Quellen und besonders lukrativen Versprechungen . Dabei verwechseln sie häufig Investition mit Spekulation . Das sicherste Investment ist aber das Vertrauen in das eigene Können , in die eigene Leistung . Der eigene Betrieb oder zumindest ein Geschäftsfeld , von dem man Ahnung hat , liefert die beste Grundlage sowohl für ein Pro als auch für ein Contra . Ein gutes Investment kann auch das eigene Wohlbefinden sein . Also eine Kapitalanlage , die mit der eigenen Weltanschauung harmoniert . Selbst wenn die monetären Erwartungen nicht erfüllt werden , bleibt ein gutes Gefühl . Die eigenen vier Wände zu besitzen , ist eine der besten Kapitalanlagen und sollte absolute Priorität haben . Risikoarm sind Investments dort , wo die Renditen oder die Prognosen logisch und nachvollziehbar sind . Vor Irrwegen schützt ein dreifaches Niemals : Niemals zurück , niemals auf andere blicken und niemals einem verpassten Zug hinterherlaufen . Es ist riskant , in Sachwerte zu investieren , von denen man nichts versteht . Zum Beispiel in vermietete Immobilien . Steuergetriebene Investitionen sind oft toxisch . Diese Regeln im Auge behalten , schadet nie : Greife niemals nach einem fallenden Messer . Nur realisierte Gewinne sind Gewinne . Niemals alles auf eine Karte setzen . Und : Gier frisst Hirn !
Gustav Slawicky , Leser
Prinzipiell gleich
Nachhaltigkeit boomt in vielen Lebensbereichen . Trotzdem gilt natürlich weiterhin : Investitionen beinhalten Risiken . Wer also in Windparks , Wasserstoff-Startups oder nachhaltige Forstprojekte investiert , muss bedenken , dass er weniger als den investierten Betrag zurückerhalten könnte . Immerhin : Die Richtung stimmt und eine solche Investition folgt dem gesellschaftlichen und ökologischen Wandel , der sich in einem immer schnelleren Tempo vollzieht . Die Bezeichnungen sind vielfältig , das Grundprinzip aber ist gleich : Bei der Geldanlage werden neben den klassischen quantitativen Anlagekriterien Rendite , Risiko und Liquidität auch qualitative Kriterien berücksichtigt , also wie das Geld investiert wird . Seit ungefähr 20 Jahren weitet sich das prinzipiengeleitete Investment auch auf den Bereich der Ökologie aus . Trotz der Turbulenzen in der vergangenen Zeit kann der Markt für nachhaltige Publikumsfonds insgesamt ein deutliches Wachstum verzeichnen . Dies zeigt sich am Marktvolumen und der Anzahl der Fonds . Weitere Großinvestoren , die sich ebenfalls mit dem Thema Nachhaltigkeit auseinandersetzen , sind Versicherungskonzerne . Auch sie verfügen über große Kapitalanlagen . Die Frage ist jetzt : Was kann die Finanzindustrie im Kampf gegen den Klimawandel bewirken ? Denn nachhaltige Investments stoßen meiner Ansicht nach weiter an viele Grenzen und die Industrie betreibt noch viel zu oft nicht mehr als Greenwashing .