+3 Magazin Februar 2020 | Page 13

Anzeige HOFFNUNG GENSTILLLEGUNG Alnylam setzt auf die RNA-Interferenz, um genetisch bedingte Krankheiten zu therapieren. Manche Leiden kommen besonders tückisch da- her – sie lauern bereits in unseren Genen. Ob Krebs, Hauterkrankungen oder Herzprobleme: Zahlreiche gesundheitliche Risiken sind im Men- schen durch fehlprogrammierte Gene angelegt. Eine Methode, mit diesen Risiken umzugehen, ist die Genstilllegung. Betrachtet man deren Anwen- dungsmöglichkeiten, wird klar, warum das US- Unternehmen Alnylam an diese Methode glaubt. So können perspektivisch etwa Herz- und Stoff- wechselerkrankungen, Infektionskrankhei- ten der Leber und Erkrankungen des zentralen überwunden werden. Die größte Schwierigkeit be- stand darin, spezielle RNA-Moleküle in diejenigen Zellen zu bringen, in denen die fehlerhaften Prote- ine produziert werden, etwa in Leberzellen. Auch war die Stabilität der RNA-Moleküle nach Eintritt in die Zielzellen eine weitere Aufgabe, die nach etwa zehnjähriger Forschung gelöst wurde. Ein ent- scheidender Vorteil der Genstilllegung: Im Unter- schied zu einer Gentherapie findet kein dauerhafter Eingriff in das Erbgut statt. Stillgelegte Gene können wieder aktiviert werden. Mögliche langfristige Ne- benwirkungen, die potenziell bei einer Gentherapie auch noch Jahre später auftreten können, kommen bei der RNA-Interferenz nicht vor. Wissenschaft- ler und Mediziner haben deshalb vor gut 20 Jahren weiterzumachen. Warum Alnylam gegen den damals herrschenden Trend weiterforschte, fasst Maier so zusammen: „Wir wissen, dass unsere Forschungen das Potenzial haben, das Leben von Patientinnen und Patienten entscheidend zu verbessern.“ Die Vision wird Realität Alnylam wurde 2002 in Cambridge im US-Bundes- staat Massachusetts gegründet. Seither hat das bio- pharmazeutische Unternehmen mehr als drei Milliar- den US-Dollar in Forschung investiert. Das war laut Maier auch deshalb möglich, weil der Standort USA hier einen großen Vorteil bietet. Während die Quali- tät der Forschung auch in Europa sehr hoch sei, fehle So funktioniert RNA-Interferenz Mit der RNA-Interferenz kann die Funktion von Genen „deaktiviert“ werden, indem gezielt in die Informationsübertragung zwischen dem Erbgut (DNA) und den für die Produktion von Proteinen verantwortlichen Ribosomen eingegriffen wird. In den Zellen gibt es spezielle Boten-Moleküle (mRNA), die den „Bauplan“ für Proteine, der in der DNA gespeichert ist, zu den Ribosomen übermitteln. Diese Boten-Mo- leküle lassen sich „abfangen“ und abbauen, bevor sie die Ribosomen erreichen. Verant- wortlich dafür ist ein weiteres, in den Zellen natürlich vorkommendes Molekül namens RISC (hier weiß dargestellt). Mithilfe kurzer RNA-Stränge (siRNA, hier orange dargestellt) können diese RISC-Moleküle gezielt zu den Boten-Molekülen gelenkt werden und diese abbauen. Der Transport der Baupläne wird so unterbrochen. Das kommt einer Deaktivierung des dahinterstehenden Gens gleich. Stoppt man die Zugabe dieser siRNA, wird die Infor- mation wieder vom Gen zu den Ribosomen übermittelt und das jeweilige Protein produziert. Das Gen ist wieder aktiv. Nervensystems sowie Augenerkrankungen behan- delt werden. In der Fachsprache heißt die Gen- stilllegung RNA-Interferenz (RNAi). Vereinfacht gesagt handelt es sich dabei um einen natürlichen Prozess, mit dem einzelne Gene an- oder abgeschal- tet werden können. Das ist wichtig, da zahlreiche Krankheiten auf Mutationen im menschlichen Erb- gut (DNA) zurückgehen. In der DNA sind die Bau- pläne für Proteine, die Werkzeuge unseres Körpers, gespeichert. Der Prozess ist vergleichbar mit einem Hausbau: Sind die Baupläne falsch, wird auch das Haus nicht stabil geraten. Mithilfe der RNA- Interferenz ist ein natürlicher biologischer Eingriff möglich. Der Baufehler – also die spätere Krank- heit – kann so aufgehalten werden. Obwohl die Methode der RNAi verhältnismäßig simpel ist und sich im Labor einfach handhaben lässt, mussten im Laufe der Entwicklung eine Reihe von Hürden euphorisch auf die Entdeckung der Genstilllegung reagiert. Für ihren Forschungserfolg wurden die US- Wissenschaftler Andrew Z. Fire und Craig C. Mello im Jahr 2006 sogar mit dem Nobelpreis ausgezeich- net. Doch es sollten noch viele Jahre vergehen, bis 2018 das erste weltweit zugelassene Medikament auf den Markt kam, das diese Entdeckung nutzte. Alny- lam brauchte also einen langen Atem. Zu Beginn der 2010er-Jahre stiegen zahlreiche Firmen aus der Forschung und Entwicklung rund um die RNAi- Technologie wieder aus. Das lag vor allem daran, dass „die technologischen Herausforderungen, die es zu meistern galt, anfangs unterschätzt wurden“, erklärt Dr. Martin Maier, Vizepräsident der For- schungsabteilung von Alnylam, und ergänzt: „Viele vielversprechende Technologien scheitern schluss- endlich an ihrer Komplexität.“ Es war viel Ausdau- er, Forschergeist und natürlich auch Geld nötig, um es dort manchmal an nötigem Risikokapital. Das sei in den USA anders. Für die Umsetzung von Visionen braucht es eben oft viel Geld. Die Vision der Forscher von Alnylam ist es, die Entdeckung der RNA-Inter- ferenz zu nutzen und so eine völlig neue Arzneimittel- klasse zu begründen. Patienten mit schwerwiegenden und seltenen Erkrankungen, für die es bislang keine Therapien gab, können so neue Hoffnung schöpfen. Mehr Informationen unter: www.alnylam.com