+3 Magazin Februar 2019 | Page 20

+3 20 Martha Pawlitzki, Leserin Im Kreis der Familie Als unsere Pensionierung näher rückte, beschlossen wir, der Groß- stadt den Rücken zu kehren. Und da eine unserer Töchter als Ärztin in der Stadt keine Niederlassung fand, suchten wir uns etwas zusammen. Wir fanden einen Bauernhof auf dem Land, in dem schon eine Ärztin tätig gewesen war. Das Haus hatte genug Platz für ihre Familie und eine Praxis. Mein Mann und ich bauten unser Haus in die Scheune. Mittags kamen alle zum Essen zusammen, Familienfeste feierten wir gemein- sam. Wir achteten darauf, dass die junge Familie ihre Freiräume hatte und sie achteten die unsrigen. Einige Jahre später zog unsere älteste Toch- ter 400 Meter entfernt in ein Haus. So waren häufig noch mehr Kinder auf dem Hof. Es ist ein besonderes Erlebnis, das Heranwachsen mitzu- erleben und auch Freud und Leid zu teilen. Davon gab es genug. Der große Garten wartete auch auf mich. Wenn die Arbeit zu viel wurde, war immer einer bereit, mit anzufassen. Jeder freute sich, die eigene Ernte auf dem Tisch zu haben und zu ge- nießen. Mein Mann war beschäftigt mit den Reparaturen, die bei alten Gebäuden tagtäglich anfallen. Wir leben jetzt 25 Jahre gemeinsam auf Ihr Name, Leserin WERTEKANON Ältere Menschen ticken anders, aber nicht überall Gesamtbevölkerung ab 14 Jahren Generation 60plus Schreiben Sie uns Ihre Antwort und viel- leicht erscheinen Sie im nächsten Heft. Rolf-Jürgen Simon, Leser Ab in den Selbstversuch Im Oktober 2019 beginnt mein Ru- hestand. Ob das Rentenalter „gol- dene Jahre“ werden, wird sich noch herausstellen. Die voraussichtlichen gesetzlichen Rentenbezüge werden wohl eher mau als golden ausfallen. Damit meine ich, dass eine gewisse finanzielle Sicherheit schon einmal eine grundlegende Säule eines an- genehmen Lebens im Alter darstellt. Noch wichtiger ist natürlich Gesund- heit, die durch eine aktive, bewusste und nachhaltige Lebensweise geför- dert werden kann – wenn denn nicht das Schicksal dazwischenfunkt. Zu meinem persönlichen Rezept für ein glückliches Leben im Alter gehören auch intensive Erfahrungen in der Natur und das Reisen. Schließlich hoffe ich, dass meine freundschaft- lichen Kontakte bestehen bleiben und weitergeknüpft werden, denn Gemeinschaft ist für mich ebenfalls Bestandteil eines erfüllten Alterns. 85,4% 80,1% 74,6% 70,2% 64,6% 68,9% 69,7% 68,1% 57,9% 61,2% 53,6% 57,5% 40,4% 48,2% 60,6% 45% 48,7% 41,4% 40,6% 34,9% 51,5% 34,5% 23,4% 33,3% Für die Familie da sein, sich für die Familie einsetzen Gute Freunde haben, enge Beziehungen zu anderen Menschen Eine glückliche Partnerschaft Soziale Gerechtigkeit Unabhängigkeit, sein Leben weitgehend selbst bestimmen können Kinder haben Menschen helfen, die in Not geraten Naturerfahrungen, viel in der Natur sein Viel Spaß haben, das Leben genießen Immer Neues lernen Die Welt, andere Länder und Kulturen kennenlernen Erfolg im Beruf Religion, feste Glaubensüberzeugung Anteil der 0% 20% 40% 60% 80% Befragten Quellen: IfD Allensbach, Statista dem Hof. Wir sind glücklich, alle um uns zu haben, aber auch alleine sein zu können. Alle Kinder sind in der Lehre oder studieren. Aber am Sonn- tag ist unser Tisch immer noch mit bis zu zwölf Personen besetzt. Alle sind willkommen. Wir haben immer ein offenes Ohr und so unendlich viel Schönes erlebt. Jutta Harms, Leserin Das Leben ist ein Geschenk Was ist Ihre Meinung? 80,5% 82,1% › Unverhofft bin ich nach einer schweren Erkrankung schon mit 56 Jahren er- werbsunfähig verrentet. Und zwar mit einer sehr kleinen Rente. Jetzt könnte ich bereuen, nicht besser für diesen Fall vorgesorgt zu haben. Dafür aber blicke ich auf ein Erwerbsleben zurück, in dem ich (fast) jeden Tag gern zu meiner Arbeit in einem kleinen Verlag gegan- gen bin. Ich hatte viel Gestaltungsspiel- raum, habe die allerschönsten Bücher herausgegeben und wunderbare Ver- anstaltungen organisiert. Wir haben alle zusammen junge Autorinnen und Autoren auf ihrem Weg unterstützt so- wie den Diskurs in unserem Feld vor- angebracht. Das kann ich einfach nicht bedauern. Ich bin jetzt zwar nicht mit finanziellem, dafür aber mit kulturel- lem Kapital reich ausgestattet. Und habe – was mir am meisten bedeutet – ein reißfestes soziales Netzwerk aus Freunden und früheren Kollegen. Ma- teriell komme ich über die Runden, kulturell und sozial bin ich mehr als gut versorgt. Ich genieße jeden einzelnen Tag und bin dankbar für das Geschenk des Lebens. Dieses kann sich plötzlich als viel kürzer erweisen, als man immer gedankenlos vorausgesetzt hatte. Also lerne ich, im Moment zu leben und Wichtiges von Unwichtigem zu unter- scheiden. Das wird mich auch im Alter tragen oder mir helfen, falls die Krank- heit wieder schlimmer wird. Allerdings Franziska Giffey, Bundesministerin für Familie, Senioren, Frauen und Jugend Teil der Gemeinschaft „Hauptsache, gesund!“ ist wahr- scheinlich das Erste, woran man denkt. Der nächste Gedanke ist: nicht allein, nicht einsam. Wir wünschen uns Menschen, mit denen wir reden und etwas unternehmen können. Wir wollen uns gebraucht fühlen, uns mit unseren Fähigkeiten einbringen, aber auch Zuwendung und Unterstützung erfahren, wenn wir etwas brauchen. All das bietet die Familie. Aber was, wenn die Kinder weit entfernt woh- nen oder wenn man keine Kinder hat? Es gibt rund 540 Mehrgenerati- onenhäuser bundesweit, die das Bun- desfamilienministerium fördert. Es sind Begegnungsorte für Ältere und sollte man nie auf „goldene Jahre“ war- ten. Das Leben ist nicht teilbar in „Al- ter“ und eine Zeit davor. Susanne Tyll, Leserin Hier kann ich bleiben Die meisten Menschen wollen in ih- rer vertrauten Umgebung wohnen bleiben. Viele müssen das wegen der Entwicklung der Mietpreise auch. Das Umfeld sollte so gestaltet sein, dass es diesem Bedürfnis Rechnung trägt – nicht nur bei Mobilitäts-, son- dern auch bei Sinneseinschränkungen. Weniger Barrieren bedeuten mehr Komfort für alle Menschen. Der Bewe- gungsradius wird mit zunehmendem Alter häufig kleinräumiger. Barrieren bedeuten nicht nur für viele Ältere Bewegungseinschränkung. Eine be- dürfnisgerechte und sichere Wohnum- Jüngere. Menschen treffen einander, helfen sich gegenseitig und gestalten ihr Umfeld mit. Sie kümmern sich um andere und können sich darauf verlassen, dass sich jemand um sie kümmert. Ältere Menschen werden im Mehrgenerationenhaus beispiels- weise zu Wunschgroßeltern: Ihr Le- ben wird bereichert durch ein Kind, dessen Eltern dank der Wunschoma oder dem Wunschopa Familie und Beruf besser vereinbaren können. 33.000 Menschen engagieren sich in den Mehrgenerationenhäusern: Schülerinnen und Schüler zeigen Älteren den Umgang mit digitalen Medien, in einer Geschichtswerk- statt werden Lebenserfahrungen weitergegeben. Ich will die Arbeit der Mehrgenerationenhäuser weiter un- terstützen. Wie gesund wir alt wer- den, liegt nur zum Teil an uns selbst. Dafür, im Alter nicht einsam zu sein, kann jede und jeder etwas tun. Ge- hen Sie doch einfach mal ins nächste Mehrgenerationenhaus. gebung ist mitentscheidend für alltäg- liche Routinen und Rituale. Wichtig sind kostenfreie Trefforte zur Kontakt- aufnahme, ausreichende Versorgungs- angebote, Bewegungsmöglichkeiten und somit Gesundheitsprävention, Selbstbestimmtheit und Selbststän- digkeit. Notwendig ist zudem eine professionelle Wohnberatungsstelle in der Nähe mit kostenlosem und unab- hängigem Beratungsangebot zu allen Fragen des Wohnens – auch präven- tiv. Das beschleunigt und unterstützt die möglichst barrierefreie Anpassung der Wohnung an die jeweiligen indivi- duellen Bedürfnisse. Ziel einer solchen Entwicklung des Wohnumfelds ist auch, möglichst allen Menschen den Verbleib in ihrer vertrauten Wohnung dauerhaft zu ermöglichen oder gege- benenfalls individuelle Alternativen wie zum Beispiel Hausgemeinschaften in hoffentlich funktionierender Nach- barschaft anzubieten.