+3 Magazin Februar 2019 | Page 12
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WIE INTELLIGENT KANN
VERKEHR SEIN?
WIR FRAGEN:
... und was ist
Ihre Meinung?
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Noch in diesem Jahr sollen in den USA die ersten lenkradlosen
Autos zugelassen werden – ein entsprechendes Gesetz wird wohl
noch im Frühjahr verabschiedet.
Quelle: wired.com
Markus Petersen,
Gründer des ersten
Carsharing-Unternehmens
in Deutschland
Die Welle rollt
Die Intelligenz des Verkehrs verhält
sich proportional zur Kommunika-
tionsfähigkeit seiner Elemente: der
Leute, der Mittel und des öffentli-
chen Raums. Erst komplett vernetz-
te, demokratisch regulierte Verkehre
werden intelligent sein. Mit dieser
Vernetzung haben wir mit Stattauto
1988 angefangen. Zunächst mit Autos
und Leuten. Ich kaufte einen Opel für
2.800 Mark, einen Anrufbeantwor-
ter zum Buchen der Autos und einen
Computer, jeweils für 5.000 Mark. Bei
der Eröffnungsparty tauften wir das
Auto, noch ganz fetisch, mit Sekt. Aber
nur eine wollte den komplizierten Ver-
trag unterschreiben. Sie wurde Mit-
glied Nr. 1. 1989 half der Mauerfall,
1990 „Der Spiegel“, Stattauto wuchs.
Ab 2000 buchten wir die Stattautos
im Netz. 2004 verkaufte ich das Un-
ternehmen. Das moderne Carsharing
der Autoindustrie ist ein Kind des
Smartphones. Das Smartphone und
in seiner Folge das autonome Fah-
ren werden nun – nach 150 Jahren –
das Ende des Privatautos und damit
der großen Autoindustrie bedeuten.
Wenn das letzte der drei Elemente des
Verkehrs, der öffentliche Raum, digi-
talisiert und vernetzt sein wird, wird
das Privatauto nicht mehr kostenlos
herumfahren und parken dürfen. Je-
des Auto wird dann für jeden Meter
und jede Minute, die es belegt ist, be-
zahlt. Das wird in den Städten so teu-
er, wie die Wohnungen es schon sind.
Das private Auto wird wieder das sein,
was es am Anfang war: ein Spielzeug
für Reiche. Wir anderen werden öf-
fentliche Autos fahren.
© iStock./SIphotography
Stefan Lieb,
Geschäftsführer
FUSS – Fachverband
Fußverkehr
Deutschland
Smart zu Fuß
Welche Eigenschaften sollte ein in-
telligentes Stadtverkehrsmittel ha-
ben? Es sollte im dichten urbanen
Raum die Mobilität möglichst vieler
Menschen gewährleisten. Die Nut-
zer des intelligenten Verkehrsmittels
sollten sich bei ihren Begegnungen
nicht behindern oder gar gefährden,
sondern sich auch auf engstem Raum
reibungs- und konfliktarm bewegen.
Das Verkehrsmittel, das diese Kriteri-
en erfüllt, muss nicht noch erfunden
werden. Es funktioniert bereits bes-
tens seit Millionen Jahren. Es geht
um das Gehen – immer parkplatz-
und fast immer staufrei, flächenspa-
rend, umweltschonend, gesund, fahr-
und führerscheinfreie Basismobilität
für alle. Wie kann das Gehen intel-
ligent unterstützt werden? Smarte
Stadt- und Verkehrsplanung sorgt für
geräumige, sichere und angenehme
Infrastruktur zum Gehen und damit
für mehr Platz für Menschen und we-
niger für individuelle Fahrzeuge. Ziel
sollte ein möglichst dichtes Netz von
Gehwegen und sicheren, bequemen
Übergängen über Fahrbahnen sein.
Der öffentliche Raum sollte nach
dem Prinzip „Design für alle“ gestal-
tet werden: Niemand wird behindert
oder gefährdet. Der Raum ist für alle
angenehm zu nutzen, alle profitieren
von Barrierefreiheit. Und wenn es
doch was mit blinkender Technik sein
soll, dann nützen zwei Apps: eine, die
für lange Wege zu einem öffentlichen
oder Leihfahrzeug verhilft. Und eine,
mit der Hindernisse und Missstände
direkt an die Zuständigen gemeldet
werden können.