+3 Magazin Februar 2014 | Page 6

PLUS ZWEI 6 FEBRUAR 2014 Was hält die Gesellschaft zusammen? Gesellschaftliche Grenzen überwinden Was hält eine Gesellschaft zusammen? Vor allem vertrauensvolle und stabile Beziehungen zwischen Menschen! Der Zusammenhalt in einer modernen Gesellschaft muss sich unabhängig von Ost und West endgültig überwinden. Auch sollten wir uns klar und deutlich sowohl zum Einwanderungsland Deutschland, das wir nun einmal sind, als auch zu einer Willkommenskultur für Zuwanderer bekennen. Dann kommen wir einer gemeinsamen Identität näher, die unabhängig von Herkunft, Religion, Lebensstil, Fähig- und Fertigkeiten oder sexueller Zuordnung ist. Das Vertrauen in die Mitmenschen – insbesondere, wenn sie uns zunächst fremd sind – ist entscheidend. In einer „Das Vertrauen in die Mitmenschen ist entscheidend.“ Liz Mohn, Verlagsmanagerin und Vorstandsmitglied der Bertelsmann-Stiftung Herkunft, Religion oder Lebensstil entwickeln. Dann sind die Bürger auch eher in der Lage, Verantwortung zu übernehmen. Sie werden sich als Teil dieser Gesellschaft verstehen und mit dem Land identifizieren, in dem sie leben. Das ist allerdings auch in Deutschland noch nicht selbstverständlich. Beispielsweise müssen wir in unserem Denken und Handeln die Trennung von stabilen Gesellschaft müssen sich die Menschen aufeinander verlassen können. Das ist genauso wichtig wie die Verantwortung und das Engagement des Einzelnen für das Gemeinwohl. Wenn wir am gesellschaftlichen und politischen Leben teilnehmen, solidarisch für einander einstehen und den Schwachen unsere Hand reichen, hält das auch die Gesellschaft zusammen. „Andere Menschen sind ziemlich schrecklich. Die einzige Gesellschaft, in der man es aushalten kann, ist man selbst.“, schrieb Oscar Wilde einst. Kein Wunder also, dass beim Hochwasser 2013 in Passau alle mithelfen wollten – es war schwer bis unmöglich, es mit sich fast schon erschrocken die ganze Stadt nicht nur von der Flut, sondern auch von der durch Chaos und Notwendigkeit geprägten Atmosphäre war. Allerorts superlativierte Freude darüber, dass Gesellschaft nun auch Gemeinschaft bedeutete. Wie ein frisch verliebtes Paar voll „Plötzlich waren andere Menschen gar nicht mehr so schrecklich.“ Manuel Grabowski, Mitbegründer der Initiative „Passau räumt auf“ selbst auszuhalten. Keine Heimat mehr. Schulen und Universität geschlossen. Kein Trinkwasser, kein Strom. Plötzlich waren andere Menschen gar nicht mehr so schrecklich. In all der Trauer und Ohnmacht war überall zu spüren, wie naiver Hoffnung, dass dieses junge Glück nicht enden könne. Aber wenn das erste Kind geboren ist und versorgt werden will, sieht die Realität oft anders aus, ebenso wie nach der Katastrophe und Wiederherstellung der Gesellschaftsord- Ein Facebook-User hat durchschnittlich 342 Facebook-Freunde. Laut einer amerikanischen Studie hat ein Mensch jedoch im Schnitt nur 5 intime und 15 enge Freunde. Quelle: Wolfram Research nung keine Semmeln mehr gegen den Hunger verteilt werden. Und die Steuererklärung fristgerecht eingereicht werden muss. Der Abwasch muss auch noch erledigt werden, und kurz vor Ladenschluss dringend die Post und Einkäufe. Zum Glück ist selten Ausnahmezustand – aber auch so darf man in der Schlange im Supermarkt zulassen, dass die nervige Vorderfrau sicher auch einen Grund hat, mit sich selbst beschäftigt zu sein. Man ist in guter Gesellschaft. © Kirn Vintage Stock/Corbis Gesellschaft bedeutet Gemeinschaft