+3 Magazin Dezember 2021 | Page 8

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WIR FRAGEN :

WIE KONSUMIEREN WIR RICHTIG ?

Im 17 . Jahrhundert wurde die Ananas auch als Statussymbol eingesetzt und zur Dekoration von Haus und Garten verwendet . Quelle : dole . com © iStock ./: urbazon
Alexander Herrmann , Sternekoch und Gastronom
Von früher lernen
Für mich ist es ein Dilemma : Das , was wir tun , um richtig zu konsumieren , kann sich auch negativ auswirken . Wer sich zum Beispiel entschieden hat , vegan zu leben , um dadurch die Abholzung des Regenwaldes zu verhindern , weil weniger Weidefläche gebraucht wird , muss sich der Situation stellen , dass weiterhin abgeholzt wird , etwa für Avocado-Plantagen . Nichts gegen Veganer . Ich will damit nur illustrieren , dass es beim Thema Konsum kein Richtig und kein Falsch mehr gibt . Ich handhabe es in meinen Restaurants so , wie wir es noch von unseren Großeltern kennen . Wir
machen Lebensmittel haltbar , indem wir sie einmachen . Durch den Reifeprozess entstehen sogar gesteigerte Geschmackskomponenten . Allerdings ist ein solcher Prozess auch sehr zeitaufwendig : Bis zu zwei Jahre kann es dauern , bis ich ein Produkt von der Küchentheke in der Speisekarte habe . So wie wir früher die Lebensmittel in die Hände der Industrie gegeben haben , so sehe ich es heute als meine Aufgabe , diese möglichst selber vorzubereiten . Seit diesem Frühjahr machen wir auch die Sojasoße selbst – aus heimischen Sojabohnen und Getreidesorten . Sowieso ist es wichtig , nach Möglichkeit immer regional einzukaufen . Nicht nur wegen des Geschmacks und der Umwelt , sondern auch um unsere Landwirte zu unterstützen . Da lohnt es sich schon , im Supermarkt die Etikette von Obst und Gemüse nach ihrer Herkunft zu studieren . Nachhaltiges Konsumieren bedeutet heute , selbst viel dafür zu tun .
Fynn Kliemann , Startup-Unternehmer und Musiker
Bessere Alternative
Es gibt diesen sogenannten „ No- Brainer “ nicht . Gab es nie . Genauso wenig wie kostenlosen Versand und viele weitere Werbeversprechen . Irgendwer bezahlt immer dafür und sei es unser Planet . Jede noch so kleine Konsumentscheidung muss vorher abgewogen und am besten bis hinter die Kulissen recherchiert werden . Je eher man dabei zu dem Entschluss kommt „ Ach , brauch ich eigentlich nicht wirklich “, desto besser . Passiert ja oft , wenn man nicht impulsiv kauft . Die Verantwortung aber nur auf die Konsumenten abzuwälzen , hat noch nie funktioniert . Als Hersteller
kann man mithelfen , weniger scheiße zu sein und den kleinstmöglichen Schaden anzurichten , aber man muss sich eben im Klaren sein , dass die effektivste CO 2 -Einsparung das Nichtproduzieren wäre . Ich rechtfertige mein Handeln bei der Sanierung von Immobilien , Möbelrestauration und Klamottenproduktion bisher damit , dass ich eine Alternative bieten möchte , solange es keine gibt . Durch Cradle-to-Cradle und Shared-Ownership-Ansätze bei LDGG und Re- beziehungsweise Upcycling-Prozesse im Kliemannsland , sowie konkrete Experimente wie den Transport mit einem Segelschiff und der Nutzung von ungefärbter Biobaumwolle machen wir das , was wir tun , so nachhaltig wie möglich . Je erfolgreicher wir damit sind , desto eher werden wir von den Tankern der jeweiligen Industrien kopiert und dann tut sich noch mehr . Am Ende bleibt jedoch der einzig richtige Konsum : der Verzicht darauf .