+3 Magazin Dezember 2019 | Page 17

+3 Remo Largo, Kinderarzt und Autor Familie ist kein soziales Eiland Viele Eltern fühlen sich überfordert. Spagat zwischen Familie und Arbeit, Kinderbetreuung, Druck von der Schu- le, Kinder fit machen für die Leistungs- gesellschaft, Partnerschaft pflegen, Zeit für sich selber. „Um ein Kind auf- zuziehen, braucht es ein ganzes Dorf“, lautet ein afrikanisches Sprichwort. Die Eltern fühlen sich zu Recht über- fordert: Die Kleinfamilie ist eine Fehl- konstruktion. Darauf hat die Natur uns nicht vorbereitet. Familien waren nie ein soziales Eiland, sondern immer in Lebensgemeinschaften eingebunden. Die Gemeinschaften umfassten 50 bis 300 Menschen, die alle miteinander vertraut waren. Betreuung und Erzie- hung der Kinder war nicht nur Aufgabe der Eltern, sondern der Gemeinschaft. Mit dem Aufkommen der Industrie- und Dienstleistungsgesellschaft sind die Familien und Lebensgemeinschaf- ten zu Klein- und Kleinstfamilien in 17 einer anonymen Massengesellschaft zusammengeschrumpft. Liebe Eltern, vereint euch! Viele Familien haben be- reits damit begonnen. Tut euch mit an- deren Eltern zusammen, aber auch mit jüngeren und älteren Menschen. Es geht nicht nur um die Entlastung bei der Kinderbetreuung, sondern um Le- bensqualität für alle. Lebensqualität ist nur über Beziehungen zu haben. Kin- der brauchen nicht nur die Eltern als Vorbilder, sondern weitere Bezugsper- sonen und vor allem ältere und jüngere Kinder. Um sich gut zu entwickeln und sozial kompetent zu werden, brauchen Kinder andere Kinder, nicht Erwachse- ne mit erhobenem Zeigefinger. DIES IST EINE GESPONSERTE ANTWORT, ALSO EINE ANZEIGE Ulrich Hoffmann, Präsident Familienbund der Katholiken Mehr Zeit „Stück zum Glück“ Für mehr inklusive Spielräume in ganz Deutschland Orte schaffen, an denen alle Kinder gemeinsam spielen können, egal ob mit oder ohne Behinderung – das ist das Ziel von „Stück zum Glück“, einer gemeinsamen Spendeninitiative von Procter & Gamble (P&G), REWE und der Aktion Mensch. „Inklusive Spiel- plätze sind wichtig für die Entwick- lung von Kindern, denn sie fördern ein grenzenloses Miteinander. Alle können voneinander lernen und sich unterstüt- zen, wenn andere Hilfe benötigen“, so Astrid Teckentrup, Geschäftsführerin Vertrieb bei P&G. Denn wo Inklusi- on früh gelernt wird, entstehen keine Vorurteile oder Barrieren im täglichen Umgang. Seit April 2018 bauen die Projektpartner mit „Stück zum Glück“ bundesweit inklusive Spielplätze auf. Jeder REWE-Kunde kann das Projekt mit dem Kauf eines Produkts aus dem P&G-Sortiment, zu dem Marken wie Pampers, Ariel, Always, Pantene Pro-V oder Gillette gehören, unterstützen. Seit Aktionsstart am 30. April 2018 fließt mit jedem Kauf eines P&G-Produkts ein Cent direkt in die Initiative für die Errichtung von inklusiven Spielplätzen in Deutschland – bis zum Erreichen der Spendensumme von einer Million Euro. Bisher wurden bereits 18 Spiel- platzprojekte umgesetzt. Im Frühjahr 2020 wird der bislang größte Spielplatz im Rahmen von „Stück zum Glück“ in Berlin-Pankow eröffnet. Der gemeinsame Besuch des Spiel- platzes oder des Schwimmbads, der Waldspaziergang oder die heimisch verbrachte Spielerunde, die scherzhaf- te Plauderei – nichts stärkt Familien mehr als Zeit für- und miteinander. Sie schafft jene stabilen Bindungen, die das Selbstvertrauen und die Per- sönlichkeit eines jungen Menschen ein Leben lang prägen und stärken. Zuversichtliche, reflektierte und un- beschwerte Menschen sind zudem die Grundlage von Demokratien. Eine verantwortungsvolle Familienpolitik nimmt auf die gemeinsame Zeit von Familien Rücksicht und fördert sie durch eine umsichtige Zeitpolitik. Gesetzliche Vorgaben zu einer fle- xiblen Erwerbstätigkeit in Teilzeit, Ausdehnung der Elternzeiten, Opti- onszeitenmodelle über den gesamten Lebensverlauf oder die finanzielle Ho- norierung von Erziehungsarbeit durch bezahlte und rentenwirksame Sozi- alleistungen und Beitragssenkungen Esther Lorenz, Leserin Hier bin ich gern Ein starkes familiäres Rückgrat ist wichtig. Freiheiten für die Kinder selbstverständlich auch, aber es braucht Eltern oder Großeltern, die mutig sind und Vorbilder sein können. Gundi Günther, Leserin Sicherer Hafen Jede Familie hat eine eigene Spra- che, in der man miteinander kom- muniziert, mit der sich die Familie auskennt und die die Basis für das Grundvertrauen darstellt. Zum Bei- spiel finden bei meiner Tochter, ih- rem Mann und den drei Kindern bei den täglichen gemeinsamen Mahl- zeiten solche Familiengespräche und ein reger Austausch statt. Ein- mal wöchentlich bin auch ich Teil dieses sehr lebhaften Familienle- bens. In unendlich vielen Diskussi- onen erlebe ich, wie sich Meinungen bilden und vertreten werden – und alles mit dem wirklich guten Gefühl, Teil von etwas ganz Großem zu sein, eine Stimme zu haben und gehört zu werden. in der Sozialversicherung für Eltern – die Instrumente, um Familien Zeit bei finanzieller Absicherung zu ermögli- chen, sind vielfältig. Die Familienpo- litik des Bundes ist jedoch weit von einer Zeitpolitik für Familien entfernt. Im Gegenteil: Sie strebt eine mög- lichst hohe Erwerbstätigkeit der El- tern als Schutz vor Familienarmut an. Zusätzlich baut sie die Kitalandschaft aus. Mehr Zeit ermöglicht eine solche Politik Familien nicht. Ebenso wenig stärkt es den Zusammenhalt unserer Gesellschaft. Souveränität von Famili- en über die eigene Zeit – sie ist heute wichtiger denn je. DIES IST EINE GESPONSERTE ANTWORT, ALSO EINE ANZEIGE Brauchen die Familien Hilfe? Ja, die meisten sind sehr verunsichert. HIV ist im- mer noch ein Tabuthema und mit vielen Vorurteilen besetzt. Deshalb sind HIV-positive Eltern unter gro- ßem Druck. Die größte Furcht ist, dass ihre Kinder beschimpft oder ausgegrenzt werden. Das tut beson- ders weh. Und führt nicht selten zu Scham und zu Schuldgefühlen. Was kann die Deutsche AIDS-Stiftung tun, damit es den Familien besser geht? „normales“ Fest, bei dem HIV keine Rolle spielt: mit Baum, Schmuck, einem kleinen Geschenk. Frau Dr. Degener, was passiert, wenn in der Familie plötzlich HIV ein Thema wird? Das kann zu einer Riesenbelastung oder gar zu einer Zerreißprobe werden. Denn oft ist mit HIV auch ein Geheimnis da. Und viele Fragen, gerade wenn die Kinder klein sind. Wann ist der richtige Zeitpunkt, um von der Infektion zu erzählen? Wie sagt man das am besten? Was ist, wenn die Kinder Angst haben? Dr. Kristel Degener, Vorstandsvorsitzende Deutsche AIDS-Stiftung „Aufklären und über HIV informieren gehört auch zur Arbeit der Deutschen AIDS-Stiftung. Denn nur wer über HIV Bescheid weiß, kann seine Vorurteile überdenken!“ Die Familien stärken. Auch ganz direkt durch fi- nanzielle Hilfen. Zum Beispiel für bedürftige Fami- lien, die in finanzielle Notlagen geraten. Oder – ganz aktuell in diesen Tagen - für Familien, die ohne die Stiftung kein Weihnachtsfest feiern könnten. Ein Beraten Sie auch zur Aufklärung der Kinder? Das machen wir nicht selbst, dafür gibt es ausge- bildete Expertinnen und Experten vor Ort. Aber wir finanzieren Projekte von Beratungsstellen. Mit Unter- stützung unserer Stiftung sind wichtige Angebote für die Familien oft erst möglich. Zum Beispiel auch kleine, begleitete Freizeiten für HIV-positive Eltern und Kin- der. HIV kann dann ein Gesprächsthema sein, muss es aber nicht. Viele wollen auch einfach mal loslassen und sich sicher fühlen können. Für diese Projektunterstüt- zung und unsere Einzelhilfen brauchen wir jeden Cent. Was ist die größte Herausforderung für Familien? Familie zu bleiben, sich vor Diskriminierung zu schützen, Unterstützung zu suchen. Manchmal hilft nur der Wegzug in eine andere Umgebung. Dann brauchen die Familien jede Hilfe für einen guten Neuanfang. ›