+3 Magazin Dezember 2019 | Page 13
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LEBEN DIGITAL
Herr Brauckmüller, was versteht man heute unter
einer Smart City?
Aller Anfang ist schwer. Oft ist die Infrastruktur
oder die Finanzierung herausfordernd. Wir spre-
chen lieber von Smart Regions, denn eine Stadt ohne
Pendlerverkehr und ohne die Wirtschaftskraft des
Wenn Sie etwa den Verkehr in einer Stadt steuern
Sie haben von Anfang an Schulen und Ausbil-
wollen, um Parkplätze zu bewirtschaften und den
dungsstätten mit Rechnern ausgestattet und Lern-
CO 2 -Ausstoß zu reduzieren, macht es Sinn, ein
konzepte für Medienkompetenz und digitale Bil-
Intelligentes Transport-System (ITS) aufzubauen
dung entwickelt. Von Blended-Learning-Ansätzen
– von der Verkehrssteuerung der Ampelanlagen
bis hin zu modernen Kreativmethoden. Diese
bis hin zur Frequenz des ÖPNV. Dafür müssen
Länder haben den Austausch gesucht, sich auf
diese Bereiche miteinander verbunden sein und
der Welt umgesehen, gelernt und Sinnvolles ad-
über ein Rechenzentrum kommunizieren –
aptiert. In europäischen Projekten wie CORA
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per Glasfaser und Mobilfunk sowie
oder COM , in denen sich deutsche
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über WLAN und anderen Funk-
Kommunen mit Kommunen aus
technologien. Die Verkehrs-
anderen Ländern austauschen,
leitzentrale muss diese Da-
sehen wir auch heute noch,
ten verarbeiten können.
wie wichtig der Input von
Kommen Videoüberwa-
außen ist.
chung, Strafzettel und
Parkgebühren per App
Reicht das schon aus,
oder Künstliche Intel-
um eine Smart City zu
ligenz dazu, stellen
werden?
sich nicht nur techno-
logische Fragen, son-
Nein. Wir müssen an-
dern auch Fragen der
fangen, vom Nutzer
Datensicherheit und
her zu denken, und uns
des Datenschutzes.
trauen, auch mal etwas
auszuprobieren, Nutzen
Was haben uns die
und Funktion auch mal
anderen Länder voraus?
vor den Prozess stellen. Das
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heißt nicht, dass man nicht
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Während es bei uns schon seit
planen
muss, und auch nicht,
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langem stabile Kommunikations-
dass
wir
Qualität
aufgeben oder alle
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t Vitali Klitschko
infrastrukturen und Verfahren gibt,
Gesetze abschaffen. Aber wir müssen
konnten etwa die baltischen Länder fast kom-
unseren Gestaltungsrahmen nutzen. Unbüro-
plett neu anfangen. Erst nach 2000 wurden dort
kratisch, vielleicht sogar hemdsärmelig auch mal
Netze verlegt und die Gesetzgebung neugestaltet.
eine Idee verfolgen, ohne gleich den Erfolg absi-
Ich habe in vielen europäischen Ländern beim Auf-
chern zu wollen. Die digitale Welt führt zu immer
bau der Netze, aber auch zu E-Health-Diensten oder
neuen Ideen und Chancen.
E-Government-Strategien unterstützen dürfen. Oft-
mals ist es die Herangehensweise und ein gewisser
Mehr Informationen unter:
Mut zur Lücke, die diese Länder voranbringt. Die
www.atenekom.eu
Sie arbeiten nicht nur mit bestehenden Smart Cities
zusammen, sondern auch mit solchen, die es noch
werden wollen. Die ukrainische Hauptstadt Kiew ist
eine von ihnen. Was sind die Herausforderungen?
Gibt es etwas, was diese Länder gleich gemacht haben?
Wir haben in den letzten Jahren in Europa und dar-
über hinaus einige Projekte und auch Netzwerke von
Smart Cities betreut. Interessant ist, dass zwar oft
ähnliche Vorstellungen herrschen, aber unterschied-
liche Schwerpunkte gesetzt werden. Für den einen
ist Smart City eine Stadt, die E-Government-Dienste
anbietet, andere Städte fokussieren eher auf eine be-
sondere energetische Steuerung, zum Beispiel von
Straßenlaternen. Wieder andere definieren freies
WLAN bereits als Smart City. Besonders spannend
ist, dass keine Stadt etwas von diesen Themen aus-
schließen würde. Alle haben gemein, dass es darum
geht, Digitalisierung als Nutzen für den Menschen
zu verstehen, die Städte grüner zu machen und fort-
schrittlicher.
Was heißt das konkret?
Digitalisierungsexperte Tim Brauckmüller ist
geschäftsführender Gesellschafter der atene KOM
GmbH in Berlin. Das Unternehmen begleitet den
öffentlichen Sektor bei der Digitalisierung und ist
federführend bei der Realisierung von geförderten
Breitband- und Smart-City-Projekten.
E-Government-Strategie von Estland etwa wurde
erfolgreich durch eine Standardisierung der Schnitt-
stellen und die Gewissheit, dass E-Government nur
vom Nutzer her gedacht werden kann und deshalb
nach dem Bottom-up-Prinzip entstehen muss.
Tim Brauckmüller,
Geschäftsführer
atene KOM GmbH
Umlandes zu betrachten, wäre ein Fehler. Der An-
spruch ist hoch, insbesondere wenn man einen Bür-
germeister wie Vitali Klitschko hat, der viele moder-
ne Städte kennt. Wichtig ist zu erkennen, dass sich
eine Smart City immer weiterentwickelt.
Zukunft ist immer: „Die digitale Welt führt
zu immer neuen Ideen und Chancen!“