+3 Magazin Dezember 2019 | Page 6

+1 6 › Nicole Hoffmeister-Kraut, Ministerin für Wirtschaft, Arbeit und Wohnungsbau von Baden-Württemberg Von Beginn an engagiert Gründerinnen und Gründer gestal- ten mit ihren innovativen Ideen und Vorhaben die Zukunft unserer Wirt- schaft entscheidend mit. Im Jahr 2017 haben wir deshalb die Landeskampa- gne „Start-up BW“ ins Leben geru- fen, mit der wir den Gründerstandort Baden-Württemberg stärken und Startups in jeder Phase der Grün- dung unterstützen. Gerade die frühe Phase eines jungen Unternehmens stellt dabei eine besonders große und entscheidende Herausforderung für die Gründerinnen und Gründer dar. Sie benötigen ein gutes Netzwerk und erfahrene Berater, die ihnen hel- fend zur Seite stehen, wenn es um die Entwicklung des Geschäftsmodells, die erste Finanzierungsrunde oder den Markteintritt geht. In unseren „Start-up BW Acceleratoren“ werden sie daher umfassend und intensiv betreut und mit der Frühphasenfi- nanzierung „Start-up BW Pre-Seed“ sorgen wir für beste Rahmenbedin- gungen zur Umsetzung ihrer Ge- schäftsideen. Unverzichtbare Säulen unserer Kampagne sind zudem der einfache und unbürokratische Zu- gang zu Finanzierungs- und Bera- tungsangeboten, Gründungswettbe- werbe oder Workshops an Schulen, um Schülerinnen und Schüler bereits früh für die Gründung eines eigenen Unternehmens zu begeistern. Dies sind nur einige Beispiele, wie wir die Menschen in Baden-Württemberg dazu ermutigen, ihre eigenen Chefs zu werden, denn eines steht fest: Um das Gründerland weiter zu stärken, brauchen wir noch mehr mutige und engagierte Menschen, die den Schritt in die Selbstständigkeit wagen. NACHFOLGER GESUCHT Viele Familienunternehmen brauchen neue Eigentümer 21.700 Baden-Wür emberg 27.400 Bayern 6.200 Berlin Brandenburg Bremen Hamburg 3.700 3.380.000 4.800 14.000 32.300 7.000 Rheinland-Pfalz Sachsen-Anhalt Schleswig-Holstein Thüringen 700.000 2.600 Nordrhein-Westfalen Sachsen darunter übernahmewürdige Unternehmen: 11.500 Niedersachsen Saarland 3.570.000 darunter Familienunternehmen: 1.200 Hessen Mecklenburg-Vorpommern Unternehmensbestand: darunter übergabereife Unternehmen: 150.000 1.700 6.200 3.000 5.400 3.100 in den Jahren 2018-2022 Quelle: IfM Bonn Kai Enders, Präsident Deutscher Franchiseverband Auf erprobten Wegen Franchising rückt mehr und mehr in den Fokus von jungen Existenz- gründern. Innovative Konzepte gibt es in allen Branchen, das einheitli- che Markendach bietet dabei zahl- reiche Vorteile. Das ist keine Neu- igkeit, schließlich ist diese Form der Unternehmenskooperation bereits seit vielen Jahrzehnten ein wich- tiger Erfolgsfaktor innerhalb der deutschen Wirtschaft: Ein Unter- nehmer, der sogenannte System- geber, bietet seine Geschäftsidee Franchisenehmern gegen Gebühr zur Vervielfältigung an. Neu sind aber die innovativen Branchen, die dieses Geschäftsmodell mehr und mehr für sich entdecken und die Franchisewirtschaft zu einem dy- namischen und reizvollen Umfeld machen. Auch was die Ausrichtung anbelangt: Neben den Kernbran- chen Gastronomie, Dienstleistung, Handel und Handwerk gewinnen Social Franchising und die Startup- Szene zunehmend an Bedeutung. Doch ganz gleich, ob in etablierter oder frischer Form: Als ein auf Part- nerschaft basierendes, kooperatives Geschäftsmodell bietet Franchising Gründern eine enorme Erfolgspers- pektive. Als vollwertiger Partner eines Franchisesystems selbstständig zu sein, hat den Vorteil, sich an eine bestehende Geschäftsidee anzukop- peln und den bereits erprobten Weg weiterzugehen und mitzuprägen. In Form einer kooperativen Partner- schaft auf Augenhöhe ermöglicht Franchising dabei Unternehmertum und Selbstständigkeit mit einem Maximum an Sicherheit. Katharina Hölzle, Professorin für IT- Entrepreneurship am Hasso-Plattner-Institut, Universität Potsdam Verantwortung annehmen Wir brauchen heute keine Chefs mehr. Stattdessen brauchen wir Menschen, die uns begleiten, die uns neue Pers- pektiven geben, von denen wir lernen können und die uns motivieren, neue Wege zu gehen. In erster Linie müssen Stefan Potzig, Leser Elisabeth Voß, Leserin Kooperation statt Konkurrenz Menschen sind verschieden, haben unterschiedliche Wünsche, Vorlieben und Möglichkeiten. Viele brauchen die Sicherheit einer Festanstellung, manche machen sich selbstständig, weil sie das bevorzugen, andere aus Not, weil sie keine feste Stelle fin- den. Viel zu wenige wissen, dass es eine weitere Möglichkeit gibt: sich gemeinschaftlich selbstständig zu machen. Grundlegend ist dabei der Genossenschaftsgedanke der ge- meinschaftlichen wirtschaftlichen Selbsthilfe und Solidarität. So bieten etwa IT-Fachleute ihre Leistungen in einer genossenschaftlichen Agentur gemeinsam an und arbeiten in größe- ren Projekten zusammen. In Hand- werkergenossenschaften stellen sich die Mitglieder im eigenen Betrieb an oder führen als weiterhin Selbststän- dige ihre Aufträge unter dem Dach einer gemeinsamen Organisation aus. Freiberuflich Tätige im Krea- tivbereich mieten sich gemeinsam ein Büro, arbeiten mal für sich, mal projektweise zusammen und lassen sich voneinander inspirieren. Vieles lässt sich gemeinsam besser als al- lein organisieren. Von punktueller Zusammenarbeit bis zum Kollektiv- betrieb gibt es viele Möglichkeiten. Dafür kann die Genossenschaft ein geeigneter Rahmen sein, jedoch las- sen sich auch andere Rechtsformen genossenschaftlich ausgestalten. Entscheidend für das Gelingen sind die Beteiligten, ihr Miteinander und dass sie auch in schwierigen Zeiten solidarisch zusammenhalten. Ernst statt Hype Angesichts der Inflation von Gründer- shows im Fernsehen könnte man der Vermutung nachgehen, dass es ein Leichtes sei, in Deutschland ein hippes Startup zu gründen und zum Erfolg zu führen. Diese Ahnung korreliert jedoch nicht mit der tatsächlichen Anzahl an Gründungen, die seit geraumer Zeit rückläufig ist. Dass eine Unterneh- mensgründung weniger mit trendigen Meetings am Kickertisch zu tun hat, sondern viel mehr mit viel Ärger mit Bürokratie, Mitarbeitersuche und ner- venaufreibender Kundenakquise, also ergo viel schlaflose Nächte bedeutet und Disziplin erfordert, kommt in den gestylten Fernsehsendungen zu kurz. Eine echte Gründerkultur kann eben nicht durch einen Hype verursacht werden, sondern benötigt die konzen- trierte Zusammenarbeit verschiedener Player aus Politik und Wirtschaft. wir das selber sein, indem wir Verant- wortung für uns selbst und für andere übernehmen. Das bedeutet, Probleme zu erkennen, Ideen zu Lösungen zu entwickeln und diese schlussendlich umzusetzen. Das ist für mich die De- finition von unternehmerischem Den- ken und Handeln. Vielen von uns fällt es jedoch schwer, diese Verantwor- tung und das Handeln im täglichen Leben umzusetzen oder zu wissen, wie Probleme erkannt und gelöst werden können. Wir brauchen ein Umdenken in der Art und Weise, wie wir lernen und handeln. Viele von uns haben die Fähigkeit verloren, mit offenen Augen durch die Welt zu gehen und Fragen zu stellen. Das Warum sollte unser wichtigstes Fragewort sein, gefolgt von einem tief empfundenen Bedürfnis zu verstehen, warum Dinge so sind, wie sie sind. Daran schließt sich an, dass wir darüber nachdenken, wie wir die Situation verändern und nachhal- tig verbessern können. Dies benötigt Kreativität, kritisches Denken, Kom- munikation und Kollaboration. Diese Fähigkeiten müssen wir lernen. Dazu brauchen wir ein Umfeld, welches die- se lehrt und uns ermutigt, Dinge aus- zuprobieren, zu scheitern und wieder aufzustehen. So können wir selbst und die Gesellschaft unternehmerisch im besten Sinne werden.