+3 Magazin Dezember 2018 | Page 4

+1 4 WAS MACHT KINDER GLÜCKLICH? WIR FRAGEN: ... und was ist Ihre Meinung? www.plus-drei.de [email protected] Deutsche Kinder belegen auf einer Glücksrangliste nur einen der hin- teren Plätze – ganz vorne steht überraschenderweise der Nachwuchs aus Rumänien und Kolumbien. Quellen: Goethe-Universität Frankfurt, „Children’s World” Kieran Egan, Bildungsphilosoph Türen öffnen Wenn man glückliche Kinder haben möchte, sollte man ihnen am besten eine Ideologie und damit verbunde- ne religiöse Überzeugungen beibrin- gen, diese als zentrale Stütze ihres Handelns festigen, jedwede Zweifel zerstreuen und sicherstellen, dass sie unter Gleichgesinnten leben. Denn zahlreiche Studien legen nahe, dass gläubige Menschen, egal welch un- sinniger Idee sie auch anhängen, zu den glücklichsten Gruppen in der Be- völkerung zählen. Aber ist das nicht ein zu hoher Preis für das Glück? Grundsätzlich ist es erstrebenswert, glücklich zu sein, und jeden Men- schen machen unterschiedliche Dinge glücklich. Wer sich mit Bildung be- schäftigt, weiß, dass fehlende Bildung nicht das eigene Unglück bedeuten muss. Denn das Gegenteil von Bil- dung wäre Ignoranz. Der Erwerb von Kenntnissen ist ein oft mühsamer und manchmal schmerzhafter Prozess. Und er trägt oft nicht dazu bei, glück- licher zu werden. Er kann Momen- te der Ekstase hervorbringen, aber das ist eine andere Sache. Dabei ist es relativ einfach, bei vielen Kindern die Unzufriedenheit, die mit ihren Schulerfahrungen verbunden ist, zu reduzieren, wenn man ihre Fantasie und Emotionalität in die Gestaltung des Lehrplans einbezieht. Die Welt ist voller Wunder und leider findet davon nur ein kleiner Teil seinen Weg in den Unterrichtsalltag. Unnötige Unzufriedenheit zu reduzieren, klingt wie ein zu bescheidenes Ziel, aber es scheint dafür leichter erreichbar zu sein. Und es scheint sich zu lohnen. Jürgen Maeno, Leser Mehr Musik, bitte Kleinkinder wissen: Musik macht Spaß. Erklingt der Lieblingssong, wird „Widdewiddewitt bumm bumm“ mitgesungen, mitgehüpft, hingefallen, aufgestanden und auf die Töpfe ge- schlagen. Das ist laut und steigert sich, bis die Kleinen lieber mit den Klötzen spielen möchten. Als Vater muss man lernen, dieses ekstatische Glück zu- zulassen und nicht mit dem Satz „Sei jetzt bitte still!“ zu zerstören. Es ist später dieses Glücksempfinden, wes- halb Kinder ein Instrument erlernen wollen. Hier aber erwartet sie zuerst harte Arbeit. Finger werden trainiert, eine neue Schrift gelernt und schön © iStock./Imgorthand klingen soll es auch noch. Das könnte die Kleinen verzweifeln lassen, doch die Belohnung kommt sofort. Sobald die Töne im richtigen Moment ge- spielt werden, hören sie tatsächlich die Melodie zu „Ihr Kinderlein, kommet …“ – welch ein Glück! Gleich weiter- machen bis „… für Freude uns macht“. Auf diesem Weg ein paar Mal sich ver- spielen, bis es endlich klappt. Das ist die Belohnung – nicht durch eine an- dere Person, sondern durch die eigene Leistung. Daraus entsteht der Flow des zufriedenen Musizierens. Und weil das so schön ist, hören Kinder auch gerne zu. Mit ihren Eltern gehen sie in Kinderkonzerte, später kaufen sie sich ein Jugendabo und werden Teil einer blühenden Kulturlandschaft. Diese zu pflegen, ist Aufgabe der heutigen Elterngeneration. Das fängt bei den Musikerziehern an und hört einfach nie auf. Glück kann man nicht kaufen, aber Kultur stetig fördern.