+3 Magazin Dezember 2017 no2 | Page 9

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Gundi Günther , Leserin
Meine Eltern
Wenn ich an Legenden denke , dann denke ich an meine Eltern , meine Kindheit und die unendlichen Geschichten und Begebenheiten , die meine beiden Schwestern und ich erlebt haben . Unsere Eltern haben für uns echte Legenden geschaffen und heute ist uns klar , sie waren auch echte Lebenskünstler . Meine Mutter , durch den Krieg zur Waise geworden , beherrschte die Kunst , aus Nichts ein gesundes Essen zu zaubern und es ohne großes Aufhebens und ohne Geschmacksverlust zu verlängern , wenn noch Freunde hinzukamen . Mein Vater , der durch den Krieg eine Versehrtheit an der Hand hatte , dadurch aber nie in seiner Tatkraft eingeschränkt war , dachte sich für uns drei Mädchen immer etwas Neues aus . Er was Alles- Sammler und Alles-Macher , Tüftler und Reparateur sämtlicher Schadensfälle – auch für Nachbarn – und Swimmingpool-Bauer . Vieles war bei uns einfach abenteuerlich , schon allein deshalb , weil wir auch als Kinder immer in die Arbeitsprozesse eingebunden waren . Noch heute höre ich die bewundernden Worte ehemaliger Nachbarsjungen , was unsere Eltern für uns Kindern alles bereitet hatten . Das macht mich auch heute noch sehr , sehr stolz und ganz besonders
glücklich . Leider leben unsere Eltern schon lange nicht mehr , aber sie haben , neben dem immer noch existierenden Pool , etwas Legendäres , Unvergessliches hinterlassen .
Mona Zertler , Leserin
Postumer Ruhm
Nicht jeder , der jung stirbt , wird zur Legende . Aber bei Kurt Cobain und der Art , wie er sich das Leben nahm , trug es sicherlich dazu bei , zur übergroßen Musiklegende aufzusteigen .
Arno Funke , Karikaturist und Autor
Schöner Schein
Legenden waren einst Lebensgeschichten von Heiligen . Heute kann fast jeder zur Legende werden , wenn er etwas Ungewöhnliches getan hat , genügend Menschen davon erzählen und eigene Vorstellungen mit einbringen , die weiter gepostet werden . So behaupten manche Menschen , ich
Fritz Bast , Leser
Menschen für Menschen
Interessant ist die Doppeldeutigkeit des Legendenbegriffs : Einerseits sind Legenden reale Personen oder Ereignisse , die in Erinnerung bleiben . Auffallend ist dabei , dass echte Legenden immer etwas Vereinendes haben . Egal ob Sportler , Astronauten oder legendäre Gestalten der Weltgeschichte : Sie vereinen Menschen und lassen gemeinsam staunen und freuen . Anderseits sind Legenden Produkte der Fantasie , die
sei eine Legende . Wenn ich morgens in den Spiegel schaue , sehe ich dort eine Legende ? Kein Heiligenschein , wirres Haar , zerknautschtes Gesicht , unrasiert , gerötete Augen und immer derselbe Gedanke : „ Das bin hoffentlich nicht ich .“ Eine Hoffnung , die jedes Mal enttäuscht wird . „ Wie ist es denn so , mit einer Legende am Frühstückstisch zu sitzen ?“ Diese Frage stellte ich meiner Frau nach 17 Jahren des gemeinsamen Zusammenlebens . Die Reaktion war fast wie erwartet : erst große Augen , dann lautes Lachen . Dabei verschluckte sie sich an ihrem Brötchen , hustete heftig . Dann kurze Stille und wieder schallendes
vielleicht nur ein Körnchen Wahrheit enthalten , sich also im negativen Fall hart an der Grenze zu Fake News bewegen . So oder so , Legenden werden immer von Menschen gemacht , also hat alles und jeder die Chance , eine Legende zu werden , wenn nur genug Menschen dahinterstehen . Schwierig ist , wenn etwas von Anfang an zur Legende erklärt oder als legendär bezeichnet wird . Hier steckt oft Kalkül dahinter . Legenden brauchen Zeit , um zu reifen und ihren Platz in den Köpfen der Menschen zu erobern , um unvergesslich zu werden .
Lachen . Am Ende gab sie doch noch einen Kommentar ab : „ Nett !“ Das ist alles , was sie dazu zu sagen hatte . Beim Partner bringt das „ Legende sein “ nicht viele Punkte . Heutzutage werden auch Ganoven zu Legenden , wie zum Beispiel Al Capone , Billy the Kid oder so mancher Vorstandsvorsitzende . Weil viele Menschen an einer Legende basteln , ist ein sicheres Zeichen , dass man zur Legende geworden ist , wenn der Wikipedia- Eintrag – den man ja nicht selbst verfasst hat – zur Hälfte nicht stimmt . So entstehen Legenden . In meinem Fall eine momentan noch lebende .
DIES IST EINE GESPONSERTE ANTWORT , ALSO EINE ANZEIGE

VERKAPPTES GENIE – Ikone der Einfachheit

Treuer Begleiter
„ Kann denn ein Stift zu einer Legende werden ?“, fragen Sie sich sicherlich . Und dann ist es noch ein unscheinbarer Kugelschreiber , eine Art Mauerblümchen des Designs . Im Alltag nimmt man ihn kaum wahr , er gehört einfach dazu , ist überall und immer griffbereit . Erst wenn er wieder weg ist , vermisst man ihn . Dabei ist der BIC Cristal , so sein offizieller Name , zum Sinnbild seiner Gattung geworden . Er war der erste Kugelschreiber , der in Massenproduktion ging und ist bis heute der meistverkaufte . Der Preis mag dabei eine Rolle spielen , aber längst nicht die wichtigste . Die kommt eher der Cleverness zu , die
unauffällig in seinen Details liegt . Im hexagonalen Schaft etwa , der dafür sorgt , dass der BIC liegen bleibt , wo man ihn hinlegt . Hülle und Mine sind transparent , man weiß also immer , was in ihm steckt . Als Schutz vor Verschleiß besteht die Kugel aus dem Extremmaterial Wolframcarbid – es ist so hart , dass sie sogar Panzer zerschießen kann .
Das Herzblut des BIC ist seine dokumentenechte Tinte , ein knappes halbes Gramm ist in jedem enthalten . Das sollte reichen , um 986 Sudokus zu lösen oder
506 Postkarten zu schreiben . So selbstverständlich begleitet uns der BIC durch den Alltag , man könnte fast meinen , es hätte ihn schon immer gegeben . Reicht das , für einen Legendenstatus ?
Kleines Designwunder
Sonst machen wir einfach weiter mit der Entstehungsgeschichte . Erfunden wurde er von dem Ungarn Lászlo Béró und dem Franzosen Marcel Bich . Der erste , der Gelegenheitserfinder Bíró , hatte die Idee . Frustriert von Tintenfass , Feder und Löschpapier in den frühen 1920er-Jahren suchte er nach einer Alternative . Sein Traum war ein Stift mit rotierender Kugel , die Tinte ohne Gepatze auf Papier überträgt . Fast 18 Jahre war es die Zusammensetzung der Tinte , die Bíró zur Verzweiflung trieb : Sie durfte weder schmieren noch stottern . Bruder György , ein Chemiker , half weiter . Doch 1938 musste die jüdische Familie Budapest verlassen . Mit Mut zur Lücke beantragte Bíró das Patent in Paris und brachte die ersten Schreiber auf den Markt . Als deutsche Truppen in Frankreich einmarschierten , floh Bíró abermals , diesmal nach Argentinien , wo er erneut eine Kugelschreiberfabrik eröffnete . Jedoch : Noch im Krieg
entdeckten Briten und US-Amerikaner die Vorzüge seiner Stifte und begannen ihrerseits mit der Produktion . Oft auch ohne Patentrechte . Hier kam nun der ehrenwerte Marcel Bich ins Spiel : Er kaufte Bíró die Erfindung ab . Mit Hilfe Schweizer Uhrenmacher verbesserte er die Spitzen-Tinten-Kugel-Naht und gab dem Stift seine heutige Form . Die ersten drei Buchstaben seines Namens wurden zur Marke : BIC . 1950 kam der Kugelschreiber auf den Markt und mauserte sich rasch zum Welterfolg . Auch wenn es Bich war , der die reiche Ernte einfuhr , László Bíró bleibt zumindest die Ehre . In seiner Wahlheimat Argentinien ist sein Geburtstag , der 29 . September , bis heute der Tag der Erfinder . Und nun entscheiden Sie , ob der BIC Cristal eine Legende ist .