+3 Magazin Dezember 2015 | Page 12

+2 12 Saúl Luciano Lliuya, peruanischer Klimakläger David gegen Goliath Als Bergführer und Kleinbauer lebe ich in den peruanischen Hochanden eng mit der Natur zusammen. Ich sehe, dass sich viel auf Mutter Erde verändert. Ich frage schon längere Zeit nach den Verursachern der dramatischen Gletscherschmelze in meiner Heimat. Ich sehe mit großer Sorge, dass das Wasser in den Gletscherseen immer mehr ansteigt. Oberhalb meiner Heimatstadt Huaraz staut sich im Palcacocha-Gletschersee eine so große Wassermasse auf, dass der See jederzeit überfluten könnte. Viele Menschen sind bedroht. Durch glück- liche Umstände habe ich vor mehreren Monaten eine deutsche Umweltorganisation kennengelernt, die mir viel erklären und Kontakte herstellen konnte, auch zu meiner heutigen Anwältin. Ich habe nämlich gerade beim Landgericht in Essen eine in ihrer Art in der Welt einmalige Klimaklage gegen den größten europäischen Produzenten von Klimagasen, RWE, eingereicht. Ich will mit diesem Musterprozess erreichen, dass dieser Konzern anteilig für seine Mitschuld am Klimawandel von den Richtern zur Verantwortung gezogen wird. Damit durch entsprechende, von RWE mitfinanzierte Schutzmaßnahmen oben am See mein Haus und die Häuser meiner Nachbarn abgesichert werden. Die Politik sollte gemeinsame internationale Regeln schaffen, damit die besonders vom Klimawandel betroffenen Menschen nicht alle einzeln klagen müssen. Es muss Klimagerechtigkeit geben. Mir ist das nicht egal! Wir alle sollten uns mutig einmischen! Roland Dopfer, Leser Er ist schon da Die meisten Menschen haben nicht erkannt oder wollen nicht realisieren, was für Probleme da auf uns zukommen. Betrifft uns ja nicht mehr, also machen wir so weiter wie bisher. Die Temperaturen dieses Jahr, die Wasserknappheit im Moment könnten noch ein Weilchen andauern, so dass auch der letzte am eigenen Körper verspürt, dass der Klimawandel bereits voll im Gange ist. Vielleicht hilft es ja weiter, wenn es wieder einmal Verbote gibt, den Garten zu wässern und das Auto zu waschen, wie in Amerika bereits mehrfach praktiziert. Joseph Grohtler, Leser Ski unheil Wer wie wir vom Wintersport lebt, den schaudert es schon bei den Prognosen. Das betrifft zum einen ganz direkt die Frage, wie viel Schnee man jeweils im Winter noch bekommen mag, zum anderen herrscht aber auch eine große Unsicherheit, wie weit Investoren weiterhin ihr Geld in die Erneuerungen der Wintersportanlagen stecken werden. Denn ohne weitere Investitionen können ganze Skigebiete dichtmachen. Reinhard Lindenhahn, Leser Schwarze Peter überall Es hat schon etwas Widersinniges: Je wärmer es wird, desto dicker wird unser Fell gegen den drohenden Klimawandel. Kaum sind die Medien voll von irgendwelchen aktuellen Ereignissen, schon geraten die wirklich lebensbedrohlichen Entwicklungen auf dieser Erde aus dem Blickfeld. Es ist so bequem, in dem Sinne unmündig zu sein, dass man die Verantwortlichkeiten den Politikern und den multinatio- DIES IST EINE GESPONSERTE ANTWORT, ALSO EINE ANZEIGE Maik Butzbach, Vorstand NFN AG – Nachhaltiges Finanznetzwerk Klimafreundliche Investments Die Auswirkungen des Klimawandels auf Megacities, wie aktuell in Peking zu sehen, begegnen uns weltweit in verschiedenen Facetten. Überschwemmungen und Smog prägen diese Bilder. Regenzeiten sind seit zehn Jahren in Afrika nicht mehr zeitlich kalkulierbar, Dürre und Hungersnot breiten sich aus. Banken, Versicherer und Vermögensverwaltungen investieren nach wie vor ungefiltert weltweit in wenig zukunftsfähige Branchen wie die Kohleindustrie. Über deutsche Unternehmen wird derzeit ein Koh- IHR PERSÖNLICHER BEITRAG 1,4 t 1,4 t 1,1 t Ernährung Privat­fahrzeuge 1,7 t Heizung Emissionen pro Bundesbürger, in CO2-Äquivalent Gesamt 11 Tonnen 3,8 t Konsum öffentliche Emissionen 1,0 t Flugverkehr 0,7 t Strom 0,1 t öffentlicher Personennahverkehr Quelle: IFEU 2013 & Umweltbundesamt Sigrid Schulze, Leserin Verschobene Maßstäbe Den Klimawandel zu ignorieren ist das Ergebnis fehlenden Wissens um Zusammenhänge in der Natur. Dies kann ganz konkret verstanden werden, da sich die Menschen in Industrienationen kaum noch als einen Teil der Natur begreifen, ist aber auch im übertragenen Sinn gemeint, da sich viele der eigenen Bequemlichkeiten und Muster, der „eigenen Natur“ zu wenig bewusst sind. Die Fragen danach, wie meine Urgroßeltern gelebt, sich ernährt, gekleidet, gepflegt und Patrick Graichen, Direktor von Agora Energiewende Scheinbar weit weg und doch ganz nah Maximale Pro-Kopf-Emissionen, um die 2°-Grenze einzuhalten: 1 Tonne. nalen Konzernen gibt. Dabei gilt heute mehr denn je ein Satz von Bertrand Russell: „Keiner machte je einen größeren Fehler als jener, der nichts tat, weil er nur wenig tun konnte.“ lekraftwerk in Griechenland finanziert und gebaut. Daher bieten wir vom nachhaltigen Finanznetzwerk NFN AG Lösungen an, die direkte und in direkte Auswirkungen auf den Klimaschutz haben. Dies gelingt, da wir bei allen Investitionen den ÖkoFilter setzen. Möglich wird dadurch sowohl eine nachhaltige betriebliche Altersvorsorge für Unternehmen als auch eine ökologisch-ethische Vermögensverwaltung für Privatpersonen. Klimafreundliche direkte Investitionen in Solaranlagen mit Abschreibungsvorteilen lenken Steuergelder um. Denn derzeit lagern Energieversorger ihre Kohle- und Atomkraftwerke in „Bad Energieversorger“ aus und werden die Kosten mittelfristig über Steuergelder sozialisieren. Nicht mit uns – wir wollen es selbst bestimmen! dabei ein für ihr Verständnis gutes, verantwortungsvolles Leben geführt haben, kann ein Korrektiv für eigene Gewohnheiten sein. Das Gleiche gilt für die Frage, wie Menschen in einer anderen Klimazone ein gutes, verantwortungsvolles Leben gestalten und für Nachhaltigkeit sorgen. Wir verstehen den Menschen zunehmend als ein Objekt der Mode oder als Akteure der Geldwirtschaft, nicht als Teil einer zu respektierenden und zu schützenden Natur. Wer sich Essen bestellte, wer kochen oder liefern ließ, war früher ein mächtiger, reicher Mensch. Durch das Internet beschäftigen wir heute, ohne mächtig und reich zu sein, die ganze Welt zur Befriedigung unserer Bedürfnisse. Sind wir so weltbewegend? Natürlich nicht! Und trotzdem üben wir Macht aus, zerstören Ökonomien und betreiben enormen Aufwand mit uns! Wo bleibt die Fantasie, der Wille zur Freiheit, zur Unabhängigkeit? Das Diskrepanzproblem des Klimawandels ist, dass die Verursacher nicht die Leittragenden sind. Die Verursacher, das sind wir – indem wir Benzin, Kohle und Gas verbrennen. Die Leittragenden sind jene, die dort wohnen, wo es durch den Klimawandel immer weniger Regen und immer mehr Dürren gibt. Und es sind künftige Generationen, die einer Welt mit steigendem Meeresspiegel, noch schlimmeren Dürren und noch stärkeren Stürmen entgegenleben. Weil für uns Verursacher die Leidtragenden weit weg scheinen, kümmern wir uns nicht genug um das Problem. Das ist eine Täuschung. Denn Dürren führen zu Missernten – und treiben Menschen in die Flucht. Das steckt auch hinter der Massenflucht aus Syrien: Dem dortigen Krieg ist eine vierjährige Rekorddürre vorausgegangen. Sie hat mehr als eine Million Bauern und Hirten in die Städte getrieben. Doch das Regime war unfähig, den Klimaflüchtlingen Lohn und Brot zu geben. Und auf einmal steht der Klimaflüchtling vor unserer Tür und begehrt Einlass. Ähnlich verhält es sich bei den künftigen Generationen. Bis 2050 soll die Dekarbonisierung weitgehend vollzogen sein, so das Ziel der großen Industriestaaten. Das erscheint weit weg, doch wenn man die Perspektive seiner Kinder einnimmt, ändert sich alles. Meine Zwillinge sind im Jahr 2050 so alt wie ich jetzt: 43. So rückt 2050 ganz nah an einen heran. Der Klimawandel steht direkt vor uns, wir müssen nur die Augen öffnen, ihn sehen – und handeln.