Wolfgrang Grupp , Unternehmer

Volle Verantwortung

Das Wirtschaftswunder wurde von lauter Unternehmern geschaffen , die in der persönlichen Haftung waren . Diese Unternehmer hatten einen klaren Vorwärtsdrang : Sie wollten mehr , aber sie hatten sich selbst an der Kandare – weil sie wussten , dass sie für jede Fehlentscheidung persönlich in der Haftung waren . Aus diesem Grund waren die Entscheidungen überlegter , verantwortungsvoller und vor allem nicht der Gier und dem Größenwahn ausgeliefert . Der Satz „ Scheitern ist kein Problem “ kann nur dann stimmen , wenn man auf eigene Rechnung scheitert , nicht auf Kosten der Steuerzahler

. Die erste Voraussetzung für verantwortungsvolles Unternehmertum ist die Bereitschaft , ein Vorbild zu sein : Ich kann nicht von meinen Mitarbeitern etwas verlangen , was ich selbst nicht vormache . Diese Vorbildfunktion ist entscheidend , und jeder Unternehmer hat sie automatisch , da er der Betriebsfamilie vorsteht . Gewiss muss ich als erster Verantwortlicher den Wandel der Zeit erkennen und zukunftsorientiert handeln , um weiterhin den Produktionsstandort Deutschland aufrechtzuerhalten . Ich muss Probleme lösen , nicht ewig da-rüber diskutieren . Gegenüber der Politik kann ich meinen Vorschlag nur wiederholen : Man sollte endlich denen , die die volle Haftung für ihre Entscheidungen übernehmen , 50 Prozent Einkommenssteuerrabatt geben . Dann würden alle aus Steuergründen in die Haftung gehen – und dann sind die Entscheidungen überlegter und verantwortungsvoller .

Ernst gemeint

Thomas Beschorner , Direktor Institut für Wirtschaftsethik , Universität St . Gallen

Begriffe sind nicht nur Worte . Durch Begriffe begreifen wir etwas . Unternehmen sollten das „ R “ im neudeutschen Begriff Corporate Social Responsibility ( CSR ) begreifen lernen . Ökonomisch weichgespülte Rhetoriken , bei denen sich Unternehmensverantwortung stets wirtschaftlich rechnen muss – der Business Case von CSR – ist Kram von gestern . Und man liegt ebenso falsch , wenn man meint , Unternehmensverantwortung auf eine „ licence to operate “, also auf Fragen einer rein gesellschaftlichen Akzeptanz begrenzen zu können . Nein , wohlverstandene Verantwortung steht nicht

irgendwie unter ökonomischen Vorbehalten eines „ Wenn es sich rechnet “. Die Achtung von Menschenrechten oder der verantwortliche Umgang mit unseren natürlichen Lebensgrundlagen ( für künftige Generationen ) sind gerade keine bloßen Nebenbedingungen im Rahmen eines unternehmerischen Kalküls . Sie sind aus ethischer Sicht an sich zu respektieren . Was denn sonst . Ist das weltfremdes „ moralisches Gesäusel “, übersieht dies doch die systemischen Zwänge unseres Wirtschaftssystems , das wir Kapitalismus nennen ? Von mir aus . Doch dann sollten wir unsere Wirtschaftsweisen insgesamt diskutieren und uns ernsthaft fragen : Dient die Ökonomie den Menschen oder dienen Menschen der Ökonomie ? Eine lebensdienliche Ökonomie – im wahrsten Sinne des Wortes – in einer Marktwirtschaft kann nur mit einem wohlverstanden CS „ R “ gelingen . Können Unternehmen das begreifen ?