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Raúl Krauthausen , Aktivist für Inklusion und Barrierefreiheit
Nichts ohne uns
In all den Kampagnen und dem Gerede über Inklusion wird nach wie vor ein wichtiges Problem vor sich hergeschoben : Die elementaren Rechte von Menschen mit Behinderung werden ignoriert . Ein Rassist denkt sich ja auch nicht nur durch das bloße Anschauen eines Plakats : „ Stimmt , Ausländer sollte ich eigentlich nicht jagen …“ Was ihn vielleicht bekehren könnte , ist die Begegnung . Das schafft zumindest eine Chance . Wenn also Wohlfahrtsverbände fordern , man müsse erst einmal „ die Barrieren in den Köpfen “ der Gesellschaft abbauen , dann irren sie . Erst einmal müssen die real existierenden Barrieren gebrochen werden – in Schulen , auf Straßen , in Verkehrsmitteln , Kinos , Restaurants und Bars – damit wir uns überhaupt begegnen können . Danach können wir uns um die Barrieren in den Köpfen kümmern , wenn es sie dann noch gibt .
Robert Köpferl , Geschäftsführer FlinkeBits GmbH
Barrierefreie Software
Digitalisierung hat ein hohes Potenzial für Inklusion . Sie kann den Arbeitsalltag flexibilisieren und ihn orts- sowie zeitunabhängiger gestalten . Digitale Ämterwege und Bürgerbeteiligungsverfahren können uns allen Hürden und Wartezeiten ersparen . Bekannt ist , dass viele Menschen mit
Wohlfahrtsverbände aber lamentieren über den zweiten Schritt , um den ersten nicht machen zu müssen . Und so bleibt alles , wie es ist : Menschen mit Behinderung müssen bangen und kämpfen , damit sie eine Schulbildung und Chance auf dem Arbeitsmarkt wie die „ Anderen “ erhalten . Sie müssen sich jeden Tag mit Diskrimi-
Schwacher Textkontrast
Keine Alternativtexte
Fehlerhafte Links
Fehlende Steuerelemente
Fehlerhafte Schaltflächen
Fehlende Dokumentensprache
Anteil fehlerloser Websites
1,9 %
29 %
28 %
54 % nierung auseinandersetzen , während sie oft isoliert in Sondereinrichtungen leben und arbeiten . So wird eine Behinderung als Abweichung oder Mangel wahrgenommen . Das aber stimmt meist nicht mit den eigenen Realitäten der Menschen überein , die mit ihrer Behinderung leben und sie als Teil ihrer Identität kennen .
NOCH VIEL ZU TUN Mehr Barriere als Freiheit im Internet
60 %
66 %
86 %
Fehleranteil bei den eine Million wichtigsten Websites ( Majestic Million ) nach den Internationalen Richtlinien für barrierefreie Webinhalte ( WCAG ), Februar 2020
DIES IST EINE GESPONSERTE ANTWORT , ALSO EINE ANZEIGE
Beeinträchtigungen trotz hoher Qualifizierung keine ihrem Talent entsprechenden Jobs bekommen . Das liegt auch an mangelnder Ausstattung der Arbeitsplätze . Denn oft sind sie nicht barrierefrei . Barrierefreie Softwarelösungen können dazu einen wichtigen Beitrag leisten . Digitale Barrierefreiheit umfasst alles , was den Zugang zu Websites , PDFs und Computerprogrammen betrifft . Nehmen wir das Beispiel eines Sehbeeinträchtigten : In einer barrierefreien Software werden Formulare durch einen Screenreader vorgelesen , sind jederzeit größenverstellbar , im Kontrast verstellbar und können so auch bearbeitet werden .
Veränderung zu 2019 + 1
-2
+ 2
+ 1
+ 4
-5
-0,3
Quellen : WebAIM , Statista
Dadurch wird ein Arbeitsplatz für Menschen mit und ohne Sehbeeinträchtigung möglich . Für diese Programme gibt es mittlerweile Standards und normierte Testverfahren , die Probleme und Verbesserungspotenzial aufzeigen . Für öffentliche Institutionen gibt es schon heute Auflagen , barrierefreie Dienste anzubieten . Besonders aber auch für Unternehmen lohnt sich die Investition in Barrierefreiheit , sei es als Arbeitgebermarke oder für neue Märkte . Bei Flinkebits wird Software barrierefrei entwickelt . Das ist unser Beitrag zu einer inklusiven Gesellschaft . flinkebits . de / bfrei
Denise Schindler , Radsport-Weltmeisterin und Keynote Speakerin
Natürliches Miteinander
Viele Jahre hat Deutschland Energie darin gesteckt , separierte Institutionen zu schaffen , in denen Menschen mit Behinderung leben , Sport treiben und unterrichtet werden . Wenn Kinder im Sportunterricht und in der Freizeit lernen , gemeinsam zu spielen , ist schon viel gewonnen . In einem Mannschaftssport werden die Aufgaben verteilt : Wer kann was ? Wie können sich alle auf ihre Art einbringen ? Kinder lernen so ganz einfach Rücksichtnahme und Empathie . Eigenschaften , die sie auch in ihrem späteren Leben sehr gut brauchen können . Unwissenheit schafft Unsicherheit im Umgang miteinander . Je früher wir lernen , alle Menschen so zu akzeptieren , wie sie sind , umso besser . Dabei hilft uns , neben Gesetzen und Aufklärung , auch der technische Fortschritt . Es gibt sporttaugliche Rollstühle , fortschrittliche Prothesen , Tablets mit Sprachfunktionen und Apps , die das Leben erleichtern und mehr Teilhabe für Menschen mit Behinderungen ermöglichen . Wenn wir es schaffen , mehr Inklusion in Kitas , Schulen und Sportstätten zu bringen , profitieren wir alle davon . Dazu müssen Lehrer und Lehrerinnen eine pädagogische und psychologische Herangehensweise lernen und mehr Unterstützung im Unterricht erhalten . Ein Gesetz allein wird es nicht richten , es muss auch umgesetzt werden . Inklusion ist nicht nur eine Rampe oder ein Aufzug . Ziel sollte ein Miteinander und nicht ein Nebeneinander sein .
Luca Herrmann , Leser
Wenn jeder sich selbst hilft , ist jedem geholfen . Viele denken so , aber das bringt uns nicht voran .