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Jo B. Aschenbrenner,
Wirtschaftsanwältin
und Autorin
System auf dem
Prüfstand
Durch die Corona-Krise ist der Ruf
nach einer sinnorientierten, agilen
und dezentralen Unternehmens-
führung noch lauter geworden,
so laut, dass er mittlerweile auch
die Vorstandsetagen unserer glo-
balen Firmen erreicht. Wenn den
Wirtschaftsteilnehmern bisher die
Ausbeutung unserer natürlichen
Ressourcen, die Spaltung in Mäch-
tige und Machtlose sowie die Kom-
plexität unserer vernetzten Welt
als Gründe noch nicht ausgereicht
haben, sollten sie nach dieser Kri-
se nun endlich ihre gemeinsame
Pflicht, diese Transformation mitzu-
gestalten, erfüllen. Dabei ist es egal,
ob sie bislang in der Werkshalle Gü-
ter produziert oder im Mahagoni-
zimmer die Strategie festlegt haben.
Die einen müssen lernen, Macht an
ein dezentrales Steuerungssystem
abzugeben, die anderen, ihre Macht
und Verantwortung in dem System
auszuüben. Alle sind gleichermaßen
aufgefordert, in ihre persönliche,
authentische Macht zu gelangen,
Frédéric Laloux,
Organisationsökonom
und Autor
Krisen als Chance
Krankenschwestern, die mit am
Corona-Virus Sterbenden arbeiten,
wissen, was diese am meisten bereu-
en: „Ich wünschte, ich hätte weniger
um so dem Sinn des Unternehmens
immer wieder von neuem Geltung
zu verschaffen – während und nach
der Krise. In meiner Arbeit setze ich
mich damit auseinander, wie diese
Veränderung in den Menschen und
in den Unternehmen gelingen kann:
DER CORONA-EFFEKT
Sie benötigt konkrete Regeln für die
Selbstorganisation der Arbeit, das
Miteinander und das Eigentum am
Unternehmen. Mit diesen Regeln
im Dienste der Freiheit wird es ge-
lingen, den Herausforderungen un-
serer Zeit zu begegnen.
Vier denkbare Szenarien für eine Welt nach der Krise
optimistisch
gelingende
Beziehungen
SZENARIO 3
NEO-TRIBES
Die Gesellschaft kehrt wieder stärker
zu lokalen Strukturen zurück. Kleine
Gemeinschaften entstehen neu und
verfestigen sich – immer in vorsichtiger
Abgrenzung zu „den Anderen“.
Nachhaltigkeit und Wir-Kultur sind
wichtige Werte, die jedoch nur lokal
gedacht werden, nicht global.
SZENARIO 4
ADAPTION
Die Welt lernt und geht gestärkt aus der
Krise hervor. Wir passen uns besser
den Gegebenheiten an und sind flexibler
im Umgang mit Veränderung. Gleichzeitig
stellt sich die Sinnfrage nach dem Zweck
des Wirtschaftens. Das gemeinsame
Überstehen der Krise verhilft zu einem
neuen, achtsamen Umgang miteinander.
connected
global
disconnected
lokal
SZENARIO 1
DIE TOTALE ISOLATION
SZENARIO 2
SYSTEM-CRASH
Die Welt ist im permanenten
Der Shutdown ist zur Normalität
Krisenmodus. Jede Nation ist sich selbst
geworden. Bei der Ausreise
die Nächste. Die Sorge vor einer
brauchen wir eine Genehmigung
erneuten Pandemie macht jede lokale
und durchlaufen langwierige
Verbreitung eines Virus zum Auslöser
Visaverfahren. Handelsabkommen
drastischer Maßnahmen. An die
einzelner Staaten untereinander
internationale Zusammenarbeit
gewährleisten die Grundversorgung,
aber auch nicht mehr. Wir leben
pessimistisch glaubt kaum noch jemand. So wankt
die Welt nervös in die Zukunft.
gerne in der Isolation.
nicht gelingende
Beziehungen
Alexandra Lauck,
Leserin
Angestrengte Geister
„Die Erde wird der schönste Platz im
All“, sang die Berliner Band Mutter
1994. Hat sie recht behalten? Zu den-
ken, dass die Post-Corona-Welt eine
Bessere wird, ist vor allem der Wunsch
danach, dass sich die Krise für etwas
lohnt. Derzeit investieren wir für die-
sen Lohn nichts Geringeres als uns
selbst. Neben Social Distancing wäre
eine Investition wert, den Gedanken
von seiner wirtschaftlichen Logik zu
lösen. Denn es geht darum, eine Not
zu überstehen, während dieser wir
nicht gleichzeitig von der Couch aus
Missstände revolutionieren. Der Aus-
nahmezustand kreiert nicht selbst-
ständig eine Welt „danach“. Solange es
Menschen gibt, die an Händewaschen
aus Wassermangel gar nicht erst zu
denken brauchen, kann die Welt ad
hoc keine bessere werden. Was sich
dennoch lohnen würde, wäre, sein Pri-
vileg zu investieren, indem man sich
zum Handeln bemüht, Verantwortung
für die Welt zu übernehmen, in der wir
leben wollen. Mutter hat zehn Jahre
später den Song „Wer hat schon Lust,
so zu leben“ veröffentlicht. Scheinbar
konnten sie sich noch nicht einmal
selbst recht geben.
Quelle: Zukunftsinstitut
gearbeitet und mehr Zeit mit meinen
Liebsten verbracht, wäre nicht im-
mer dem gefolgt, was andere von mir
verlangt haben, und wäre näher bei
mir gewesen.“ Darauf wird sich die
Welt nach der Krise ausrichten: we-
niger Kram, weniger Arbeit, um Platz
zu schaffen für die wirklich wichti-
gen Dinge im Leben. Für Liebe und
Freundschaft, für die Möglichkeit, zu
sich selbst zu finden und einen Bei-
trag für etwas Größeres zu leisten.
Der Corona-Virus tötet gerade ein
Prozent der Menschen, die mit ihm
in Kontakt kommen. In Wirklichkeit
vernichtet menschliches Handeln
Jahr für Jahr in gleicher Weise alles,
was ihm ausgesetzt ist: Populationen
von Insekten, Vögeln und Fischen,
fruchtbare Böden, Regenwald, Man-
groven, Korallenriffe. Wir sind der
Corona-Virus für die Natur. Mit ei-
nem Unterschied: Der Virus wird ab
einem bestimmten Punkt abebben.
Wir dagegen verhalten uns wie ein
ständig wiederkehrendes Unheil.
Tausende Spezies sterben jedes Jahr
aus. Der Corona-Virus bietet uns die
Chance, eine andere Welt zum Leben
zu erwecken, die sich weniger um Be-
sitz dreht, die weniger hektisch und
erfüllt von destruktivem Handeln ist.
Es könnte eine Welt sein, die die Din-
ge in den Fokus nimmt, die wirklich
zählen – und in der Krankenschwes-
tern keine Reue-Klagen mehr hören.
DIES IST EINE GESPONSERTE ANTWORT, ALSO EINE ANZEIGE
SOLIDARITÄT GEGEN KRISEN WELTWEIT
Corona bedroht die ganze Welt. Wir
alle sind betroffen. Der Kampf ge-
gen die Ausbreitung des Virus bindet
unsere Kräfte. Doch darüber dürfen
wir nicht jene humanitären Katastro-
phen vergessen, die Menschen weiter
durchleiden müssen.
Auch nach Corona wird es Kriege
und Konflikte geben, etwa in Syrien
und im Jemen. Es wird Dürren und
Stürme geben, Millionen Menschen
werden noch immer auf der Flucht
sein und unter schwierigen Bedin-
gungen in Camps leben. Die Men-
schen, die schon vor Corona in Not
waren, brauchen auch während und
nach der Krise unsere Hilfe – mehr
denn je.
Eine Welt nach Corona wird uns
auch weiterhin vor große Herausfor-
derungen stellen. Sie wird aber auch
von der Erfahrung geprägt sein, dass
wir alle im selben Boot sitzen. Dass
uns nur weltweite Solidarität aus
weltweiten Krisen führt. Auf diese
Erkenntnis müssen wir aufbauen.
Das dürfen wir nicht wieder verges-
sen – auch nicht, wenn in Zukunft
Menschen in Not unsere Unterstüt-
zung brauchen. Hand in Hand mit
unseren Partnern auf der ganzen
Welt stehen wir als Diakonie Katas-
trophenhilfe den Menschen bei.
Während der Krise und ganz sicher
auch danach.
Mehr Informationen unter:
www.diakonie-katastrophenhilfe.de
Spenden Sie an die Diakonie Katastrophenhilfe, Berlin
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