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+1 4 WO STEHT DIE ENERGIEWENDE? WIR FRAGEN: ... und was ist Ihre Meinung? www.plus-drei.de [email protected] Im vergangenen Jahr wurden 219 Terawattstunden Strom aus Wind, Sonne, Wasser und Biomasse gewonnen – ein Anteil von 40 Prozent am Strommix und mehr als aus Kohle und Gas zusammen. Quelle: Umweltbundesamt Miguel Arias Cañete, EU-Kommissar für Klimaschutz und Energie Gemeinsame Mission Wie es uns die führenden Klimafor- scher in ihrem Bericht über die Fol- gen der Erderwärmung um 1,5 Grad ins Stammbuch geschrieben haben: Wir müssen jetzt dringend und ge- meinsam handeln. Und wir haben bereits einen ehrgeizigen gesetzlichen Rahmen geschaffen, der es der Euro- päischen Union ermöglichen sollte, die Treibhausgasemissionen bis 2030 über die bisher angestrebten 40 Pro- zent hinaus um 45 Prozent im Ver- gleich zu 1990 zu reduzieren. Aber wir müssen auch weiter vorausschauen, bis ins Jahr 2050. Wir werden die- ses Ziel nur erreichen, wenn wir die Art und Weise, wie wir unsere wirt- schaftliche Entwicklung vorantreiben, tiefgreifend verändern. Wir brauchen ein Modell, das Klimaneutralität und Wohlstand für alle EU-Bürger vereint und fair gegenüber unseren Industri- en ist. Aus diesem Grund hat die Euro- päische Kommission eine Strategie für ein klimaneutrales Europa bis 2050 vorgeschlagen, die einen sozial ge- rechten Übergang auf kosteneffiziente Weise ermöglichen soll. Wir müssen auf das hören, was die große Mehrheit der europäischen Bürger – insbeson- dere die zukünftigen Generationen – uns sagen. Wir müssen uns auf das Ziel eines klimaneutralen, wohlhaben- den und fairen Europas im Jahr 2050 einigen und auf dieser Grundlage die Maßnahmen ergreifen, von denen wir wissen, dass sie uns das ermöglichen. Ich ermutige daher alle europäischen Parteien und deren Spitzenkandida- ten in ihren Programmen für die Eu- ropawahl, ihre Vision zu diesen wich- tigen Themen zu formulieren und dementsprechend zu entwickeln. Nick Heubeck, Student und Initiator einer Petition für einen früheren Kohleausstieg Wir verspielen die Zukunft Die Energiewende ist tot. Zwar sind sich die Experten einig, dass wir so schnell wie möglich auf erneuerba- re Energien umsteigen müssten. Die Bundesregierung spielt jedoch auf Zeit. Zeit, die ich als junger Mensch längst nicht mehr habe. In der Bevöl- kerung gibt es seit Jahren eine über- wältigende Mehrheit für wirklichen Klimaschutz. Denn der Klimawan- del spielt sich nicht nur auf den In- seln des globalen Südens oder an den Gletschern im fernen Norden ab. Er wird jeden von uns ganz persönlich betreffen – durch Hitzewellen und © iStock./metamorworks neuartige Krankheiten die alten Men- schen, uns junge durch Ernteausfälle, Überschwemmungen und Stürme und hunderte Millionen Menschen, die der steigende Meeresspiegel von den Küs- ten vertreibt. Die Wissenschaft mahnt deshalb bereits seit Langem: Wir dür- fen die planetaren Grenzen auf keinen Fall überschreiten. Mit dem Kohle- ausstieg 2038 und dem geplanten Bau der Gaspipeline nach Russland werden wir die Abkehr von fossilen Energieträgern jedoch nicht ansatz- weise schnell genug schaffen. Deshalb unterstützen auch weit über 80.000 Menschen meinen Aufruf nach einem Kohleausstieg vor 2030 auf Change. org. Denn wir haben verstanden, dass die Energiewende der einfachste He- bel ist, einen Beitrag zu den Pariser Klimazielen zu leisten. Wir wissen, dass die Bundesregierung in diesem Moment unsere Zukunft verspielt und damit der Welt das Signal gibt: Selbst wir als Industrienation begreifen die Chancen der Energiewende nicht.