+3 Magazin April 2017 | Page 10
+2
10
WIR FRAGEN:
WELCHE KARRIERE
WOLLEN WIR?
... und was ist
Ihre Meinung?
www.plus-drei.de
[email protected]
Der beste Arbeitsplatz für Digital Nomads
ist nicht etwa ein karibisches Strandparadies,
sondern Ho-Chi-Minh-Stadt in Vietnam.
Quelle: nomadlist.com
© iStock./Jasmina007
Melanie Arntz,
Leiterin Arbeitsmärkte,
Personalmanagement,
Soziale Sicherung,
Zentrum für Europäische
Wirtschaftsforschung
GmbH
Licht und Schatten
Flexibel Arbeiten, das ist zunächst
einmal die Chance auf ein stärker
selbstbestimmtes Arbeiten und eine
bessere Vereinbarkeit von Beruf-
und Privatleben, etwa im Hinblick
auf die Betreuung von Kindern oder
pflegebedürftigen Eltern. So lässt
sich jederzeit von jedem Ort aus noch
bearbeiten und delegieren, was zuvor
liegen geblieben ist. Wir können un-
sere Arbeitswelt somit individuell an
unsere Bedürfnisse anpassen und ge-
stalten. Das ist einerseits ein großer
Fortschritt – und zugleich eine große
Herausforderung. Denn es entsteht
auch eine neue Erwartungshaltung
der ständigen Erreichbarkeit, die
auch vor Wochenenden, Urlaub
und Krankheit nicht unbedingt halt
macht. Wenn diese Haltung verin-
nerlicht wird und die Grenzen zwi-
schen Berufs- und Privatleben im-
mer mehr verschwimmen, kann das
zu einer psychischen Beanspruchung
führen. Tatsächlich zeigt unsere For-
schung, dass Beschäftigte, die auch
von zu Hause arbeiten, insgesamt
mehr unbezahlte Überstunden leis-
ten. Um der psychischen Beanspru-
chung entgegenzuwirken, schalten
mittlerweile einige Unternehmen
abends ihre Mailserver ab. Das ist
gut gemeint, hindert aber nicht dar-
an, dennoch bis in die Nacht E-Mails
vorzubereiten, die dann am nächsten
Morgen versandt werden. Wichtiger
ist es, die Grenze zwischen Beruf und
Privatem individuell neu zu ziehen.
Gelingt diese innere Abgrenzung,
kann flexibles Arbeiten im digitalen
Zeitalter Lebens- und Arbeitsquali-
tät verbessern.
Tavus Paulina
Charyyeva,
Leserin
Ich bin bereit
Bevor man sich für ein Studium ent-
scheidet, gibt es oft eine Phase, in der
man nicht weiß, wohin es mit einem
geht. Wenn man sich dann aber ge-
funden und für eine Richtung ent-
schieden hat und am Ende des Studi-
ums steht, tritt eine ganz neue Phase
ein. Eine Phase, in der ich mich der-
zeit befinde. Man will sich und der
Welt beweisen, dass man das Gelern-
te, die ganze Theorie, auch anwen-
den kann. Auch wenn ich in meiner
Bachelorarbeit schon gesehen habe,
dass Theorie und Praxis nicht im-
mer Hand in Hand gehen, hat diese
intrinsische Motivation doch hohe
Priorität: Für einen Job, in dem ich
ernst genommen werde und mich
zeigen kann, wäre ich bereit, Über-
stunden zu machen und auf eine
Work-Life-Balance zu verzichten. Es
gibt aber auch Erwartungen, die ich
an einen Arbeitgeber habe: Ich wün-
sche mir eine Unternehmenskultur
ohne veraltetes Hierarchiedenken,
mit Gesprächen auf Augenhöhe, mit
der Möglichkeit, sich vielfältig ein-
bringen, von den unterschiedlichen
Stärken der Kollegen lernen und
den Austausch mit ihnen pflegen zu
können. Ein ganz wichtiger Punkt ist
mir auch die Transparenz. Ich habe
die Erfahrung gemacht, dass die Mo-
tivation sinkt, wenn man zu wenig
Informationen erhält. So ging es mir
einst bei einer Firmenübernahme.
Ob es nach meinem BWL-Studi-
um mit Schwerpunkt „Finance and
Banking“ nun die Big Four oder ein
Start-up werden – eine Karriere, bei
der ich gefördert und gefordert wer-
de, ist das, was ich jetzt will.