+3 Magazin April 2016 | Page 15

+2 Christoph Kuhn, Professor für Entwerfen und Nachhaltiges Bauen, Fachbereich Architektur der Technischen Universität Darmstadt Ästhetisch sparen Die Energiewende bedeutet die Umstellung auf eine erneuerbare Energiegewinnung. Gebäude verbrauchen Energie bei ihrer Erstellung, während der Benutzung und früher oder später auch bei ihrer Entsorgung. In Zukunft werden unsere Häuser aber Mitspieler sein in einem umfassend vernetzten Energiekreislauf. Sie nehmen und geben im Rhythmus ihres Lebenszyklus als Teil eines komplexen Ganzen, in dem Immobilie und Mobilität verschmelzen werden. In diesem Wechselspiel besteht die akute Gefahr, dass Architektur zur hochtechnisierten Maschine mutiert. Die gebaute Welt darf neben der Funktionserfüllung ihre originäre Bestimmung der Übertragung sinnlicher Erfahrungen auf allen Wahrnehmungsebenen nicht verlieren. Wenn die Neutralisierung der energetischen Gesamtbilanz mit dem Verlust gestalterischer Identität, Komplexität und Vielfalt einhergeht, bauen wir weder nachhaltig, noch entsteht Architektur. Dies gilt für Rudi Bertram, Bürgermeister der Stadt Eschweiler Nicht um jeden Preis Eschweiler, eine Stadt von 56.000 Einwohnern circa 15 Kilometer östlich von Aachen, ist Standort eines Braunkohlekraftwerkes mit direkter Anbindung an einen Braunkohletagebau. In unserer Stadt ist die Energiewende schon seit längerer Zeit Neubauten und mehr noch für den Gebäudebestand mit seinem kulturellen und energetischen Gedächtnis. Gesetzliche Regelungen sollten die Ziele vorgeben, nicht aber den Weg dorthin. Nur so wird technologische und architektonische Innovation angeregt. Effizienz, genügsamer Raumverbrauch und die Einbindung in geschlossene Ressourcenkreisläufe müssen eine ausbalancierte Verbindung eingehen. Am Ende zählt die wahrnehmbare architektonische Qualität unserer Lebensräume. Das eine bleibt ohne das andere nachhaltig wertlos. Jan David Busch, Leser Vorreiter Deutschland Aus meiner Sicht haben wir in Sachen Energiewende schon einen großen Schritt in die richtige Richtung gemacht, wenn man sich vorstellt, dass vor 50 Jahren noch niemand etwas mit dem Begriff Energiewende anfangen konnte. Natürlich ist immer Verbesserungspotenzial vorhanden, aber man angekommen, da bereits Kraftwerksblöcke im Braunkohlekraftwerk abgeschaltet wurden und mehrere hundert Arbeitsplätze weggefallen sind. Unsere Stadt wurde historisch geprägt durch den Steinkohlebergbau und die Stahlindustrie, welche bereits in den letzten Jahrzehnten von einem Strukturwandel betroffen waren. Dessen Auswirkungen erkennt man heute noch an der hohen Arbeitslosenquote von neun Prozent. Ich sehe es mit Besorgnis, wenn man nun die Energiewende kurzfristig umsetzen und den Kohleausstieg forcieren möchte, ohne die Arbeitsplatzverluste zu berück- 15 Christine Krüger, Wuppertal Institut für Klima, Umwelt, Energie GmbH Reserven schaffen Mit dem Fortschreiten der Energiewende wird Flexibilität im Stromsystem, wie sie Energiespeicher bieten, immer wichtiger. Die Forschung in diesem Bereich konzentriert sich derzeit auf zwei Aspekte: Kosten senken und Energieverluste verringern. Doch kann die Atomkraft nicht einfach von einen auf den anderen Tag abschaffen. Ich denke, wir in Deutschland leisten sehr viel für die Energiewende und andere Länder – auch europäische – sollten sich ein Beispiel daran nehmen. Hubert Freisinger, Leser Ich habe es noch erlebt, als es in Deutschland häufig zu Stromausfällen kam. Eine Energiewende birgt wieder genau diese Gefahren für mich. Es ist doch nicht nachhaltig, wenn plötzlich alles in der Gefriertruhe auftaut und es zappenduster wird. sichtigen. Von der Bevölkerung wird die Energiewende gestützt, doch sollte man den Menschen in der Stadt und der Region eine Chance geben und in den nächsten Jahren neue Arbeitsplätze schaffen. Wichtig ist nicht nur die Energiewende,